150 Jahre Kaiserreich: Eine goldene Epoche für das Geld der Deutschen
Im Licht der beiden Weltkriege gibt es wohl wenige historische Stunden, die als glänzende Augenblicke im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert sind. Die Kaiserkrönung im Spiegelsaal von Versailles und die damit verbundene Reichsgründung im Jahr 1871 gehören womöglich dazu – und die Gründung des Kaiserreichs vor 150 Jahren steht in den kommenden Monaten im Mittelpunkt von so manchen Feierlichkeiten. Auch in der Welt der Münzen und Edelmetalle rücken die Prägungen aus der Zeit zwischen 1871 und 1919 verstärkt in den Mittelpunkt.
Kurantmünzen aus dem Kaiserreich: Eine goldene Ersatzwährung
Bis heute ist das geflügelte Wort vom „eisernen Notgroschen“ in der deutschen Sprache fest verankert. Seit Generationen bewahren die Deutschen eine finanzielle Reserve in den eigenen vier Wänden auf, bevorzugt in Strümpfen, Kissen und anderen unauffälligen Behältnissen. Allerdings war die Bezeichnung „eisern“ in vergangenen Zeiten nicht ganz korrekt: Bis zum Ende des Deutschen Kaiserreichs dienten Goldmünzen, die damals als gesetzliches Zahlungsmittel im Einsatz waren, als Rücklage und wurden vom Familienoberhaupt gehütet. Meist fanden sich in diesem Fundus eine oder mehrere Goldmünzen mit einem Nennwert zu 20 Mark. Als Zahlungsmittel bekamen die meisten Untertanen im Kaiserreich diese sogenannten „Doppelkronen“ nicht zu Gesicht – 20 Mark verdiente ein Hafenarbeiter um 1900 in ein bis zwei Wochen.
Die Goldmünzen von damals sind eigentlich seit dem Untergang des Kaiserreichs im Jahr 1919 kein offizielles Zahlungsmittel mehr, doch durch ihren hohen Goldgehalt von 900/1000 Teilen sind sie bis heute bei Sammlern und Anlegern beliebt – die sogenannten „Kurantmünzen“ haben sich zu einer echten Investment-Alternative entwickelt und gehören zum Sortiment von pro aurum ganz selbstverständlich dazu wie die modernen Bullionmünzen, darunter der Krügerrand aus Südafrika und der Maple Leaf aus Kanada sowie der Wiener Philharmoniker aus Österreich. Auch wenn es sich bei den Doppelkronen aus dem Kaiserreich um historische Münzen handelt, werden sie bis heute mit relativ geringen Aufgeldern zum reinen Goldwert gehandelt und sind somit auch als Investment geeignet.
20 Mark Gold Wilhelm II von Preussen
Mit einer Auflage von mehreren Millionen Stück pro Jahrgang zählen die Goldmünzen aus dem Königreich Preußen zu den meistgeprägten Goldmünzen der deutschen Geschichte. Sie zeigen die deutschen Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II. sowie im Dreikaiserjahr 1888 auch den 99-Tage-Kaiser Friedrich III. – Letztere ist allerdings bei Sammlern sehr gesucht und deshalb mit einem etwas höheren Aufgeld versehen. Die Münzen tragen das Münzzeichen A für Berlin und weisen ein Rohgewicht von 7,99 Gramm und ein Feingewicht von 7,16 Gramm auf. Der rötliche Farbton der Münzen resultiert aus dem Kupferanteil, der für eine bessere Kratzfestigkeit hinzugegeben wurde.
Numismatische Raritäten aus dem Kaiserreich
Während es sich bei den historischen Goldmünzen aus Preußen um „Massenware“ im positiven Sinne handelt, hält das Sammelgebiet „Deutsches Kaiserreich“ für numismatische Experten viele Raritäten und Schätze bereit, die fernab des reinen Metallwertes gehandelt werden. Denn neben Preußen durften auch die anderen 24 Gliedstaaten des Kaiserreichs eigene Umlaufmünzen prägen. Und je nach Größe und Einwohnerzahl wurden die Prägeauflage und Vielfalt der unterschiedlichen Nominale stark beschränkt. So gibt es einzelne Herzogtümer und Fürstentümer, die nur einzelne Münztypen in geringer Auflage und nur in einzelnen Jahren prägen durften. Einzelne Münzen aus dem Kaiserreich wurden nur wenige Tausend Mal geprägt und sind daher äußerst begehrt.
Bei der Auswahl von Raritäten für eine gepflegte Kaiserreich-Sammlung sollten Sammler auf „Klasse statt Masse“ setzen – vor allem, wenn sie ihre Sammelleidenschaft mit dem Investment-Gedanken verbinden und ihre Kollektion eines Tages mit Gewinn weiterverkaufen möchten. Von „sehr schön“ über „vorzüglich“ bis „Stempelglanz“ reicht die Klaviatur der Erhaltungsgrade – und je höher eine Münze eingestuft wird, desto besser ist es für die künftige Wertentwicklung. Grundsätzlich ist die Wahl des Kaiserreichs als Sammelgebiet clever, denn die Epoche ab 1871 zählt zu den beliebtesten Themen innerhalb der deutschsprachigen Numismatik und seltene Exemplare erzielen seit Jahren bei Auktionen erstaunliche Ergebnisse.
Der Goldstandard: Edelmetalle als Vertrauensgarant
Hierzulande erinnern sich viele Münzfreunde aus einem speziellen Grund besonders gern an die Zeit des Deutschen Kaiserreichs zurück: Damals hatte Gold als Währungsreserve einen völlig anderen Stellenwert als heutzutage. Die Mark als Währung des Kaiserreichs war mit Gold gedeckt – jeder Deutsche konnte also zur Bank gehen und seine Kleinmünzen sowie Banknoten gegen eine festgelegte Menge Gold umtauschen. Diese Golddeckung wurde auch durch den Goldgehalt der Münzen zu zehn und 20 Mark verdeutlicht. Dadurch waren die Goldmünzen aus dem Kaiserreich auch fernab der Heimat als Zahlungsmittel im Einsatz.
Ein Blick in die Geschichte macht deutlich, dass Gold stets ein zuverlässiger Stabilitätsanker für die Währungspolitik war. Der Niedergang der Mark kam allerdings kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, als die Pflicht der Reichsbank zur Einlösung von Banknoten und zum Umtausch in Gold praktisch über Nacht aufgehoben wurde. Das Vertrauen in die Währung sank rapide und die Menschen im Reich bunkerten das Gold, welches sie noch besaßen. Wer damals wenigstens die eine oder andere Goldmünze retten und verstecken konnte, hatte Glück – denn nach dem Ersten Weltkrieg machte die Hyperinflation von 1923 schmerzhaft deutlich, welche Folgen die Staatsfinanzierung mit der Notenpresse für die Bevölkerung hat. Es folgten Armut und Elend und die Radikalisierung der öffentlichen Meinung wurde vorangetrieben. Nicht zuletzt deshalb sehnen sich immer mehr Menschen in Deutschland nach einer goldgedeckten Währung zurück – und weil es diese wohl auf absehbare Zeit nicht geben wird, behelfen sich langfristig orientierte Anleger damit, Teile ihres Vermögens in Goldmünzen umzuschichten. So lebt die Legende des deutschen Goldstandards auch im Jahr 2021 weiter.
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