Argumente zum Goldkauf gibt es viele
Von Robert Hartmann, Gründer von pro aurum
Während in den USA die Notenbank Fed nach vier Zinserhöhungen ihre ultraexpansive Geldpolitik beendet hat und mittlerweile sogar ihre durch Anleihen aufgeblähte Bilanz reduzieren möchte, hat die Europäische Zentralbank 2017 durch ihr Kaufprogramm bis März 80 Milliarden und danach 60 Milliarden Euro pro Monat in die Märkte gepumpt. In der Realwirtschaft kamen diese Unsummen an Kapital jedoch kaum an, schließlich fiel im zweiten Quartal das BIP-Wachstum in der Eurozone mit plus 2,3 Prozent pro Jahr relativ überschaubar aus. Investiert wurde vor allem in die Aktien- und Immobilienmärkte und selbst die Kryptowährung Bitcoin war gefragt wie nie und verteuerte sich in den ersten neun Monaten des Jahres auf Eurobasis in der Spitze um 360 Prozent.
Verheißungsvoll in 2017 gestartet
Der „altbewährte“ Krisenschutz Gold entwickelte sich seit dem Jahreswechsel zwar positiv, ist von seinem vor über sechs Jahren markierten Rekordhoch von über 1.900 Dollar aber weiterhin meilenweit entfernt. An den Goldmärkten wurde das Jahr 2017 relativ verheißungsvoll begrüßt – Argumente zum Goldkauf gab es zuhauf. Lediglich die gute Laune an den globalen Aktienmärkten passte nicht so recht ins optimistische Gesamtbild hinsichtlich Gold. Dies kann aber durchaus als Indiz für ein hohes Maß an relativer Stärke interpretiert werden, schließlich wird den beiden Anlageklassen Aktien und Gold normalerweise eine negative Korrelation attestiert. Dass beide nach oben marschieren, sollte verantwortungsbewusste Anleger deshalb besonders hellhörig machen.
Im ersten Quartal sorgten sich Anleger vor allem um die politische Zukunft Europas, was angesichts der zahlreichen Krisenherde wie zum Beispiel Terror, Flüchtlinge, Populismus und Schuldenexplosion gerechtfertigt und nachvollziehbar erschien. Im Frühjahr drehte dann der Wind, nachdem die Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien Europa tendenziell gestärkt hatten und zudem die Inflation in Europa und in den USA in Richtung zwei Prozent geklettert war. Die politische Unsicherheit schwappte nun von Europa in Richtung USA, wo das Investorenvertrauen in US-Präsident Donald Trump durch dessen chaotische Amtsführung und Personalpolitik arg ramponiert worden war. Dies hat dazu geführt, dass sich laut Daten des World Gold Council die Goldmengen physisch besicherter europäischer ETFs in den ersten acht Monaten um über 130 Tonnen erhöht haben, während in den USA im selben Zeitraum Zuflüsse von lediglich 22,3 Tonnen verzeichnet wurden. Dem Dollar bekam die zunehmende politische Unsicherheit gar nicht gut. In der Spitze verlor die US-Währung gegenüber dem Euro seit März über 14 Prozent, was an den Devisenmärkten bei wichtigen Währungspaaren als heftiges Kursbeben einzuordnen ist.
Gold als alternative Ankerwährung nutzen
Für mich persönlich ist ein Ende des starken US-Dollars dennoch keine ausgemachte Sache. Zwar rutschte der Greenback zum Euro im September auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2015 ab, doch für meinen Geschmack ist die Luft für den Euro nach oben mittlerweile ziemlich dünn geworden. Mir scheint auf dem aktuellen Kursniveau sehr viel bereits eingepreist zu sein. Ich gehe deshalb davon aus, dass sich der Euro innerhalb einer Spanne von 1,10 und 1,20 Dollar noch längere Zeit seitwärts bewegen wird. Deshalb sollten sich Goldanleger nicht zu sehr grämen, dass der Goldpreis in Euro gerechnet seit dem Jahreswechsel nicht so recht in Fahrt kam. Trotz der in diesem Jahr zu beobachtenden Underperformance von über zehn Prozentpunkten ändert dies – Eurostärke hin, Eurostärke her – nichts daran, einen Teil des liquiden Vermögens als Versicherungsschutz in Gold zu investieren. Seit Jahren empfehlen wir eine Quote von 15 bis 20 Prozent des Gesamtvermögens und fühlen uns damit ausgesprochen wohl.
Inflation an Krisenherden
Eines ist 2017 ebenfalls auffällig: Die Lösung zahlreicher wichtiger geopolitischer Krisenherde bleibt weiterhin aus. Afghanistan, Irak, Libyen, Mali, Nigeria, Nordkorea, Ostukraine, Somalia oder Syrien – die Liste der Krisengebiete will einfach nicht schrumpfen. Es sieht aber so aus, als ob sich Anleger davon nur noch in geringem Maße verunsichern lassen. Selbst die atomaren Provokationen Nordkoreas lösen offensichtlich keine nachhaltige Kapitalflucht in den Krisenschutz Gold aus. Analysten von Goldman Sachs attestierten Anfang September sogar, dass nicht Nordkorea, sondern die chaotische Politik von US-Präsident Donald Trump für die Goldpreisrally auf 1.350 Dollar verantwortlich gewesen sei.
An den Aktienmärkten scheint das Vertrauen der Anleger trotz der seit über acht Jahre andauernden Hausse und Indexständen nahe am Rekordniveau weiterhin unerschütterlich zu sein. Doch für mich stellt sich dabei vor allem eine Frage: Sind die Amerikaner jetzt zuversichtlich und optimistisch, was die Zukunft angeht, oder einfach nur sorglos? Nun – in den kommenden Monaten dürften wir diesbezüglich klarer sehen. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die Lage an den Aktienmärkten mittelfristig eher zu optimistisch eingeschätzt wird. Das Geld der Investoren, welches in diesem Jahr vermehrt in die recht reifen Aktienmärkte floss, fehlt natürlich an anderen Märkten – zum Beispiel bei Edelmetallen. Das kann sich bei entsprechenden Aktienkurseinbrüchen aber wieder sehr schnell ändern.
Robustes Umsatzwachstum bei edlen Barren und Münzen
Im ersten Halbjahr verzeichnete pro aurum eine sehr starke Nachfrage nach Gold & Co. Dieser Boom ließ ab April aber spürbar nach. Grundsätzlich übertrifft die Zahl der Goldkäufer die der Verkäufer dennoch um ein Vielfaches. Als Umsatzspitzenreiter bei den Goldmünzen erwies sich wieder einmal die Krügerrand-Unze, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiern durfte, gefolgt vom Wiener Philharmoniker. Bei den Barren griffen die meisten Anleger zu den Gewichtseinheiten eine Unze und 100 Gramm. Ein anderer Trend ist jedoch, dass seit einigen Jahren große Kaufaufträge im sechsstelligen Bereich immer häufiger vorkommen. In Einzelfällen investieren vermögende Privatkunden sogar Geldbeträge im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Sie sorgen sich besonders stark um die dauerhafte Werthaltigkeit ihres Vermögens und präferieren große Goldbarren in den Gewichtsklassen von 500 Gramm oder 1.000 Gramm. Hier fallen die Herstellungskosten und die Spannen zwischen An- und Verkaufskursen nämlich besonders niedrig aus.
Besonders auffällig: In den Sommermonaten fiel in den USA die Nachfrage nach physischem Gold und Silber relativ bescheiden aus. Von ausgewählten US-Edelmetallhändlern hat pro aurum regelmäßig gängige Goldmünzen älterer Jahrgänge erworben. Offensichtlich trennten sich US-Anleger im größeren Stil von diesen Münzen. Dies bescherte der US Mint bei der Neuproduktion von Goldmünzen American Eagle und Buffalo einen regelrechten Einbruch. Weil der Sekundärmarkt in den USA einen Großteil der Nachfrage bedienen konnte, mussten deutlich weniger neue Münzen geprägt werden als in den Jahren zuvor. So brachen in den ersten acht Monaten allein die American-Eagles-Auslieferungen von 598.000 Feinunzen (Jan. bis Aug. 2016) auf 220.500 Feinunzen (Jan. bis Aug. 2017) um über 63 Prozent ein. Damit droht auf Gesamtjahressicht der geringste Absatz seit zehn Jahren. Übrigens: Im Vorjahr beliefen sich die Verkäufe noch auf 985.000 Feinunzen und in den Jahren 2009 bis 2011 wurden sogar Verkäufe zwischen 1,00 Millionen und 1,435 Million Feinunzen registriert.
Notenbanken generieren Rückenwind
Notenbanken liefern den Anlegern weiterhin die wichtigsten Argumente, dass ein Investment in Gold Sinn macht. Wenn eine Währung wie der Euro auf der einen Seite aufgrund extrem niedriger Kreditzinsen kaum noch etwas kostet und Sparern auf der anderen Seite lediglich eine unter der Inflation liegende Rendite bietet, sollten Zweifel an der dauerhaften Werthaltigkeit des Zahlungsmittels die logische Konsequenz sein. Explodierende Geldmengen und Schuldenstände gelten zwar als Hauptargumente für Investments in Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle, sind aber nicht die einzigen.
Seit 2010 fungieren Notenbanken per Saldo als Nettokäufer von Gold. In den 20 Jahren zuvor sind sie vor allem durch ihre massiven Goldverkäufe in Erscheinung getreten. Während die Fed und die Bundesbank mit über 8.100 bzw. 3.300 Tonnen als weltgrößte Goldverwalter gegenwärtig keine Zukäufe tätigen, machen sich vor allem diverse Zentralbanken außerhalb der drei wichtigsten Währungsräume Dollar, Euro und Yen Sorgen um ihre Fremdwährungsreserven. Vor allem in Russland und in China versucht man die Abhängigkeit von der Weltleitwährung Dollar zu reduzieren und stockt deshalb die Goldbestände Jahr für Jahr auf. Das Hauptargument lautet: Risikodiversifikation. Alan Greenspan, der ehemalige Chef der US-Notenbank Fed (1987 bis 2006), bezeichnete Gold in einem im Februar veröffentlichten Interview mittlerweile sogar als „ultimative Versicherungspolice“. Gold eigne sich nicht für kurzfristige Gewinne, sondern zum langfristigen Vermögensschutz. Während seiner Amtszeit waren solche Töne von dem heute 91-Jährigen eher nicht zu hören.
Selbst die Bundesbank macht sich diese Argumentation zu eigen. Bei einem Pressegespräch am 23. August anlässlich der früher als erwartet abgeschlossenen Rückführung deutscher Goldreserven nach Frankfurt wurden in einer Präsentation vier Gründe genannt, warum Notenbanken Gold halten: Vertrauensbildung, universelle Akzeptanz, Diversifikation und Robustheit gegen Schocks (Länder- oder Währungsrisiken). Dem ist von meiner Seite aus nichts hinzuzufügen.
Ihr Robert Hartmann