Nach fast elf Monaten kann man dem Investmentjahr 2018 vor allem eines attestieren: eine wachsende Unsicherheit in nahezu sämtlichen Anlageklassen. Den besten Beweis liefern hier die zahlreichen Volatilitätsindizes, die sich seit dem Jahreswechsel mitunter kräftig erhöht haben.
Risiken in der Finanzwelt auf dem Vormarsch
Man kann es drehen und wenden, wie man will – die Wetterlage an den internationalen Finanzmärkten trübt sich zusehends ein. Vor wachsenden Risiken haben mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im Herbst gleich zwei hinsichtlich Finanzexpertise und Krisenbewältigung erfahrene Organisationen gewarnt. Selbst die im Jahresverlauf verbuchten Kursgewinne wichtiger Aktienmärkte sind bis Mitte November kräftig zusammengeschmolzen oder haben sich in Luft aufgelöst. In Asien und Europa dominieren ohnehin die roten Vorzeichen. Bergauf ging es vor allem mit der Volatilität (Kursschwankungsintensität), welche unter Anlegern stets als Barometer für die Risiken, Nervosität bzw. Angst dient. Besonders interessant: Während die Marktsegmente US-Aktien und Rohöl seit Ende Dezember starke Volatilitätszuwächse verzeichnet hatten, nahm die Unsicherheit bei Gold lediglich moderat zu (siehe Tabelle).
Volatilitätsindizes im Vergleich | |||
Volatilitätsindex auf | 15.11.2018 | 29.12.2017 | Differenz |
S&P500 (VIX) | 21,84 % | 11,04 % | 97,83 % |
DAX (VDAX-NEW) | 21,45 % | 14,15 % | 51,59 % |
Euro Stoxx 50 (VSTOXX) | 20,34 % | 13,51 % | 50,56 % |
Silber-ETFs (VXSLV) | 22,61 % | 18,53 % | 22,02 % |
Gold-ETFs (GVZ) | 12,91 % | 10,96 % | 17,79 % |
Goldminen-ETFs (VXGDX) | 29,87 % | 24,07 % | 24,10 % |
Rohöl-ETFs (OVX) | 47,04 % | 21,32 % | 120,64 % |
Quelle: CBOE, Deutsche Börse |
Aktien im „Achterbahnmodus“
An den internationalen Aktienmärkten war in diesem Jahr keine einheitliche Tendenz auszumachen. Ein hohes Maß an relativer Stärke konnte man jedoch den USA attestieren, was vor allem auf die robuste Wirtschaft, die Aussicht auf Steuersenkungen und massive Kapitalrückflüsse aus angeschlagenen Anlageregionen zurückzuführen war. Leidtragende waren aufgrund der eskalierenden Handelsstreitigkeiten im Zuge der „America First“-Politik von US-Präsident Donald Trump vor allem China und Europa – und hier aufgrund der starken Exportabhängigkeit vor allem Deutschland. Besonders heftige Kursturbulenzen gab es allerdings in Schwellenländern wie zum Beispiel Argentinien, Brasilien, Indien, Südafrika und der Türkei zu beobachten. Neben hausgemachten Problemen litten sie besonders stark unter Kapitalabflüssen. Vor allem US-Investoren haben ihr Geld abgezogen und wieder verstärkt am heimischen Aktienmarkt bzw. aufgrund der deutlich gestiegenen Renditen in US-Staatsanleihen investiert. Nachdem die Fed im März, im Juni und im September die Leitzinsen erhöht hat, bieten Bonds mit zehn Jahren Laufzeit jenseits des Atlantiks mittlerweile Renditen von deutlich über drei Prozent und gelten damit als Alternative zu Dividendenwerten.
Interviews mit Dirk Müller, Ronald Stöferle und Folker Hellmeyer auf der Edelmetallmesse 2018
Uneinheitliche Tendenz bei Immobilien
Wie sich die Anlageklasse Immobilien im Jahr 2018 entwickelt hat, lässt sich pauschal schwer sagen. Mit Blick auf den deutschen Immobilienmarkt ist aber eines offensichtlich: Die Preise für Häuser und Wohnungen in ländlichen Regionen hinken der Preisentwicklung in mittelgroßen Städten bzw. Großstädten eindeutig hinterher. Die Schweizer Großbank UBS hat in ihrem diesjährigen Immobilienblasen-Index den Münchner Immobilienmarkt innerhalb der EU als am stärksten überbewertet eingestuft. Weltweit landet die Isarmetropole – hinter Hongkong – sogar auf Platz 2. Die Schweizer sind allerdings nicht die Ersten, die am deutschen Immobilienmarkt eine vermeintliche Blasenbildung sehen. Seit Jahren berichten die Medien regelmäßig über den aufgeblähten deutschen Immobilienmarkt. Niedrige Zinsen und ein boomender Arbeitsmarkt haben die Nachfrage aber weiterhin angeheizt. Die hohen Immobilienpreise in Deutschland mit der US-Immobilienblase im Jahr 2008 gleichzusetzen, wäre sicherlich nicht gerechtfertigt, schließlich wurden dort in der Endphase Immobilien inklusive unsolider Finanzierungen vor allem an Kunden mit schlechter Bonität verkauft. Eine solche Fehlentwicklung kann man hierzulande eher nicht attestieren.
Anleihemärkte lassen Luft raus
An den Anleihemärkten dies- wie jenseits des Atlantiks gab es 2018 mitunter kräftige Verluste zu verkraften, was die Renditen in manchen Anlageregionen deutlich nach oben trieb. Doch dabei muss unbedingt differenziert werden. Während nämlich in den USA aufgrund einer boomenden Wirtschaft und einer anziehenden Inflation mehrere Leitzinserhöhungen der Fed die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen über die Marke von drei Prozent ansteigen ließ, stellte sich die Situation in Italien völlig anders dar. Hier war weniger die gewollte Verteuerung von Kapital der Grund für Renditen über drei Prozent, sondern die Angst vor einem Zahlungsausfall für die damit einhergehende Verkaufswelle verantwortlich. Bei deutschen Staatsanleihen war im Jahr 2018 hingegen eine systematische Vermögensvernichtung vorprogrammiert. Bei einer Inflationsrate von 2,5 Prozent p.a. im Oktober, was übrigens den höchsten Wert seit einem Jahrzehnt darstellt, bieten Bundesanleihen mit 0,4 Prozent Renditen von etwas mehr als nichts und werden daher von der Geldentwertung „aufgefressen“ – der Rest geht auf das Konto „Vermögensverzehr“.
Einige Rohstoffe fahren Achterbahn
Im Rohstoffsektor überwogen beim Blick auf die Performance nach fast elf Monaten ganz klar die negativen Vorzeichen. Lediglich im Bereich Agrarrohstoffe gab es einige Gewinner mit zweistelligen Preiszuwächsen. Rohöl, der mit Abstand wichtigste Rohstoff der Welt, befand sich in diesem Jahr im Achterbahnmodus. Auf den Anfang Oktober markierten Höchststand seit über drei Jahren folgte ein Kurseinbruch um über 20 Prozent – und somit ein Wechsel in den Bärenmarkt. Nachdem an den Ölmärkten aufgrund der US-Sanktionen gegen den Iran mit Angebotsengpässen gerechnet worden war, führten im November die großzügige Ausnahmeregelung für die wichtigsten Abnehmerländer iranischen Öls und die Sorge um die künftige Ölnachfrage zu einer massiven Verkaufswelle. Dieser Stimmungsumschwung war hauptverantwortlich für die regelrechte Explosion des Öl-Volatilitätsindex seit Ende Dezember (+120 Prozent). Anlegern führt diese Entwicklung vor allem eines vor Augen: Ein Ölinvestment birgt derzeit ein enorm hohes Risiko.
Desaster bei Kryptowährungen
Kryptowährungen, die in den Medien häufig als „digitales Gold“ bezeichnet werden, haben in diesem Jahr in einem Punkt völlig versagt: als Wertbewahrungsmittel. Die drei, gemessen an der Marktkapitalisierung (Stand: November 2018) wichtigsten Kryptowährungen Bitcoin (93 Mrd. Dollar), Ethereum (17,5 Mrd. Dollar) und XRP (17,4 Mrd. Dollar) haben von Anfang Januar bis Mitte November Preiseinbrüche zwischen 61 Prozent (Bitcoin) und 80 Prozent (XRP) hinnehmen müssen. Aufgrund der enormen Kursschwankungen lässt sich mit digitalen Währungen derzeit noch kein nachhaltiger Vermögensschutz betreiben. Experimentierfreudigen Investoren bieten sie sich in ihrer derzeitigen Verfassung allenfalls als Depotbeimischung an. Wichtig zu wissen: Anfang Oktober warnte der IWF in seinem Finanzstabilitätsbericht vor der zunehmenden Verlagerung der Geldströme ins Internet und erwähnte in diesem Zusammenhang auch die damit verbundenen Cyberrisiken.
Edelmetalle mit Licht und Schatten
Von den vier Edelmetallen Gold, Silber, Platin und Palladium erzielte in diesem Jahr bislang lediglich das in den Katalysatoren von Benzin-Fahrzeugen in großen Mengen verarbeitete Palladium eine Wertsteigerung (+6,3 Prozent). Bei Gold und Silber, zwei in der Investmentbranche wichtige Edelmetalle, gab es auf Dollarbasis bis dato Verluste von sieben bzw. 16 Prozent zu beklagen. Massiver Verkaufsdruck kam vor allem vom Terminmarkt, wo erstmals seit über 16 Jahren Großspekulanten (Non-Commercials) mehrheitlich pessimistisch (netto short) gestimmt waren – und das von Mitte August bis Anfang Oktober. Signifikante Abflüsse gab es aber auch bei physisch hinterlegten Gold-ETFs zu beklagen, vor allem in Nordamerika. So meldete der World Gold Council für diese Region von Januar bis Oktober Goldabflüsse im Volumen von 58,1 Tonnen, während in Europa im selben Zeitraum Zuflüsse in Höhe von 48,2 Tonnen registriert wurden. Insgesamt haben sich weltweit die in ETFs gelagerten Goldmengen um 25,8 Tonnen auf 2.345,5 Tonnen reduziert. Während US-Investoren statt in Gold weiterhin lieber in Aktien und Anleihen investieren, scheinen diesseits des Atlantiks Anleger um einiges risikoaverser zu sein. Angesichts der zahlreichen Unsicherheitsfaktoren, wie zum Beispiel Italiens Staatsschulden und der anstehende Brexit, sollte man sich darüber eher nicht wundern. Trotz negativer Performance hat vor allem Gold mit Blick auf dessen niedrige Volatilität, die zunehmende Inflation und die wachsenden Finanzmarktrisiken eher an Charme gewonnen als eingebüßt.
Bildrechte: © Sergey Nivens / Fotolia