Anlagenotstand in Österreich: Nullzinsen machen keinen Halt vor Landesgrenzen
Die Ernennung eines neuen Gouverneurs für die Österreichische Nationalbank ist in der internationalen Presseschau üblicherweise keine Notiz wert. Doch Robert Holzmann ließ kurz nach seiner Berufung zum obersten Notenbanker der Alpenrepublik im Oktober 2019 aufhorchen – denn der frühere Top-Manager macht sich stark für höhere Zinsen: Er sprach öffentlich von “Fehlern” der EZB und von “Widerstand” gegen getroffene Entscheidungen und brach damit ein Tabu, denn sonst ließen sich die Kritiker der Nullzinspolitik der EZB kaum in die Karten gucken. Holzmann machte sich dafür stark, die negative Realverzinsung zu beseitigen, und sprach sich für eine Anhebung der Leitzinsen bis 2025 stark.
Die Initiative des österreichischen Notenbank-Chefs dürfte keine spontane Aktion gewesen sein. Immerhin sind Sparer auch in Österreich vom Anlagenotstand betroffen: Die Wirtschaftskammer Österreich geht für das Gesamtjahr 2019 von einer Inflationsrate von 1,6 Proznt aus, im kommenden Jahr soll die Inflation sogar noch leicht auf 1,7 Prozent anziehen. Dagegen sind die Einlagenzinssätze für private Haushalte in Österreich zwischen 2016 und 2019 auf ein Rekordtief gefallen – nach Zahlen der Österreichischen Nationalbank lagen die Zinsen im Jahr 2016 noch durchschnittlich bei mickrigen 0,18 Prozent, im August 2019 waren es nur noch 0,08 Prozent.
In Österreich scheint bislang allerdings noch kein Umdenken bei Sparern und Anlegern einzusetzen: Nach Darstellung der Österreichischen Nationalbank seien kaum Veränderungen im Sparverhalten zu beobachten. Wenn ein Haushalt sein Sparverhalten anpasse, dann geschähe dies meist aufgrund von persönlicher Umstände wie einer veränderten Gehaltssituation. Zwar sei die Nachfrage nach realen Vermögenswerten leicht gestiegen: “Eine gesteigerte Risikofreudigkeit konnte bei den österreichischen Haushalten nicht beobachtet werden”, heißt es bei der OeNB.
Die Österreicher nehmen also offenbar weiterhin einen realen Wertverlust ihres Vermögens in Kauf, welcher 2019 auf Jahressicht bei rund 1,5 Prozent lag. pro aurum beobachtet allerdings seit einigen Monaten ein Umdenken bei immer mehr Österreichern – der Umsatz in der Niederlassung von pro aurum in Österreich ist in diesem Jahr sprunghaft angestiegen. Dafür ist in allererster Linie der gestiegene Goldpreis verantwortlich, welcher die Edelmetalle wieder verstärkt in den Fokus rücken ließ. Allerdings machen sich offenbar immer mehr kritische Zeitgenossen in Österreich ernsthafte Gedanken um die Sicherheit ihres Vermögens und schützen ihr Erspartes mit Edelmetallen.
Der ware Wert der Papierwährung wurde in diesem Jahr in Österreich besonders deutlich, als eine Gesetzesinitiative scheiterte, mit der das Recht auf Bargeld in der Verfassung verankert werden sollte. Stattdessen soll die derzeitige Obergrenze für Bargeldzahlungen in Österreich von 3.000 Euro auf 2.000 Euro und zuletzt auf 1.000 Euro reduziert werden – damit läge Österreich weit unter der geplanten Bargeldgrenze, die in Deutschland kurz vor der Umsetzung steht.
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