Von Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank
Gold gilt als typische Krisenanlage. Und Krisen haben wir wie Sand am Meer. Selbst in Europa brodelt es wieder politisch. Die angestrebte Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien dient sicher nicht der politischen Krisenentspannung in Europa. Weitere europäische Separationsbestrebungen sind nicht ausgeschlossen.
Finanzpolitisch will Macron eine „Europäische Wirtschaftsregierung“ mit gemeinsamen Bankeinlagensicherungen und Sozialkassen sowie einen mit vielen neuen Schulden klotzenden Euro-Superfinanzminister. Macron glaubt, es gebe für seine Euro-Vision gute Chancen, weil Merkel-Deutschland außenpolitisch angeschlagen sei. So geht Berlin der stabilitätspolitische Waffenbruder in London von der Fahne. Schließlich weiß Macron, dass eine Jamaika-Koalition ein bundespolitisches Experiment wäre. Je mehr sich die Europa-politische Macht von Berlin Richtung Paris verschiebt, umso mehr bewegt sich die alte Stabilitäts- hin zur neuen Schuldenunion.
Überhaupt, seit der Finanzkrise ab 2008 hat sich weltweit der Umfang der schon damals üppigen Staats- und auch privaten Verschuldung nicht ab-, sondern dramatisch aufgebaut. Kein Wunder, die Schnäppchen-Zinsen wirkten hierbei wie Backhefe auf den Kuchenteig.
Lange Zeit hatte die Anlageform Gold einen Nachteil. Seit 1977 gab es in Deutschland im Durchschnitt über fünf Prozent Rendite für Staatspapiere. Heute dagegen erhalten die Sparer trotz zunehmender Kredit- und Bonitätsrisiken nur Nullkommanix-Zinsen. Zinsanlagen sind mittlerweile also genauso „unfruchtbar“ wie Edelmetalle. Sie haben ihren früheren Anlagevorteil verloren.
Dafür ist die Geldpolitik als böse Schwester der fatalen Finanzpolitik verantwortlich. Die aktuell bei Fed und EZB zu hörenden vollmundigen Restriktionsabsichten sollten nicht irritieren. Es werden keine wirklichen den Zins erhöhende Taten folgen. Dann würden Schulden zum unbezahlbaren Luxus. Im Extremfall platzte unser auf Pump aufgebautes Finanzsystem wie ein Luftballon.
Insgesamt verfügt keine andere Anlageklasse über mehr Argumente für steigende Preise als Gold. Dennoch ist eine fundamental gerechtfertigte Aufwärtsbewegung von Gold, die auch die Höchststände von 2011 mühelos hinter sich lässt, nicht zu erwarten. Dem Goldpreis sind oberhalb von 1.300 US-Dollar je Unze leider Widerstände gesetzt.
Denn da stehen die Notenbanken wie Bud Spencer in seinem Film „Sie nannten ihn Plattfuß“ auf der Bremse. Sie sind nicht nur perfekte Zinsdrücker, sondern über die Terminmärkte auch erfolgreiche Goldpreisdrücker.
Mit Blick auf ihre Rettung des Weltfinanzsystems macht ihre planwirtschaftliche Preisdrückerei durchaus Sinn. Man stelle sich vor, Gold würde zum Papiergeld- bzw. Silber zum Hartgeldersatz im Rahmen einer Tauschwirtschaft. Wenn Geld an Akzeptanz verliert, ist seine Wirkung als Antibiotikum gegen Finanzkrisen auch dahin. Daher wird sich die Geldpolitik niemals selbst zum kastrierten Casanova machen.
Und dennoch, der schwache Goldpreis stört mich nicht. Gold war, ist und bleibt eine solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken. Für das süße Gift der Schuldenfrönerei mit geldpolitischem Segen wird irgendwann ein hoher Preis eingefordert. Schon in der Vergangenheit wurden die großen Staatsschulden nie zurückgezahlt und Staatspapiere hatten am Ende immer nur einen Wert: Brennwert. Warum sollte man heutzutage einen Regelbruch erwarten?
Gold ist im systemischen Schadensfall nie ausgefallen. Es hat alle Krisen seit Adam und Eva überlebt und seine Kaufkraft immer gehalten.
Ebenso spricht das Anlageverhalten der Notenbanken für Gold. Ähnlich wie sich Bären Winterspeck für karge Zeiten anfressen, bauen Notenbanken ihre Goldbestände seit 2008 zu den von ihnen selbst subventionierten Preisen deutlich auf. Was den Notenbanken recht ist, sollte uns Anlegern billig sein.
Auch bei der konkreten Anlageform macht es Sinn, auf Nummer sicher zu gehen, d. h. die physische Form von Gold, vor allem die handliche Ein-Unzen-Form, zu wählen. Daneben kann man auf den kurzfristigen Preis von Gold über börsengehandelte Finanzprodukte spekulieren.
Grundsätzlich ist Gold ein rares Gut: Während die Schulden der Welt ein Meer füllen könnten, passt Gold in einen Putzeimer.
Ich mag Volkslieder. Einer meiner Favoriten ist: „Gold und Silber lieb’ ich sehr, kanns auch gut gebrauchen.“
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG:
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