Billionen Euro sind falsch angelegt
Wenn es um Geld geht, steht für deutsche Anleger Sicherheit an erster Stelle. Oder besser gesagt: Was sie für sicher halten. Zum Beispiel Sparkonten, die durch Niedrig- bis Negativzinsen und steigende Gebühren schleichend entwertet werden, Zertifikate mit fragwürdigen Garantien, Riester-Verträge, die gewährleisten sollen, dass am Ende mindestens der Einsatz herauskommt, Lebensversicherungen – hier ist das Wort sicher gleich im Begriff enthalten – oder Immobilien, mit denen man sich in Sicherheit wiegen kann, ohne zu ahnen, wie viel sie bei einem späteren Verkauf noch wert sein werden.
Das alles kann sich als folgenschwerer Irrtum erweisen. Sicherheit und Geld, dieses Thema enthält so viele Facetten, dass ich heute einfach mit einer beginne, die alle Kontoinhaber betrifft und vom 1. Oktober an eine gewisse Brisanz verspricht. Denn zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise hat in Deutschland zwar mit der Maple Bank nur eine größere Pleite im Finanzsektor stattgefunden, aber den absoluten Schutz für Ihr Geld gibt es trotzdem nicht – und es wird ihn auch nie geben können.
Die Deutschen sind sehr reich. Jedenfalls statistisch. Doch bei näherer Betrachtung erscheint ihr Reichtum allzu zerbrechlich. Sie haben – Betriebsvermögen nicht mal berücksichtigt – zwar bald an die 6 Billionen Euro zusammengespart. Zusätzlich gehören ihnen Immobilien, deren Wert nochmals etwa denselben Betrag ausmachen dürfte.
Das sind also zusammen 12 Billionen Euro. Aber nicht weniger als 2,3 Billionen von den 12 schlummern weitgehend unverzinst auf allerlei Konten der Banken und Sparkassen, ein kleiner Teil auch bar im hauseigenen Safe oder sonst wo. Hinzu kommen Lebensversicherungen und Alterssicherungssysteme in Höhe von 2,1 Billionen Euro. Das Schlimme an alldem ist: 2,3 plus 2,1 Billionen, also 4,4 Billionen Euro basieren weitgehend auf Anleihen, Schuldscheinen und ähnlichen Geldpapieren. Sie sind mittlerweile einem schleichenden Wertverfall aufgrund des Nullzinsniveaus und der Geldentwertung ausgesetzt.
Immer mehr Banken und Sparkassen verlangen nun von ihren Kunden Gebühren. Und weil die Institute wegen allzu magerer Ergebnisse aus dem Zinsgeschäft zunehmend ins Risiko gehen – das heißt, bei der Prüfung der Kundenbonität ein Auge zudrücken -, wächst die Gefahr von Schieflagen. Doch das fechten die Kunden offenbar nicht an. Sie reden sich einfach ein, ihre Einlagen bei Banken und Sparkassen seien ja gesetzlich abgesichert, zumindest bis 100.000 Euro je Kunde und Institut.
Das stimmt nicht ganz. Denn die gesetzliche Einlagensicherung gilt nur für bestimmte Geldanlagen. Dazu gehören alle erdenklichen Giro-, Spar-, Tages- und Festgeldkonten, übrigens auch in fremder Währung, außerdem auf den Namen der Kunden lautende Sparbriefe und Schuldverschreibungen (also nicht die gängigen Inhaberpapiere), Einlagen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts, von Stiftungen und kleinen Unternehmen. Sie sind bis 100.000 Euro je Kunde und Institut gesetzlich geschützt.
Der hier bisher beschriebene Schutzmechanismus gilt für alle Euroländer. In Deutschland gibt es zusätzlich noch Einrichtungen, die darüber hinausgehen und um die uns das Ausland beneidet. Das sind gleich drei unterschiedliche freiwillige Sicherungssysteme: das der privaten Banken, der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken.
Im ersten Fall soll die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB), eine Tochter des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), für die geregelte Abwicklung von Problemfällen sorgen, im zweiten Fall der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV), im dritten Fall der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).
Die EdB finanziert sich über Beiträge ihrer Mitglieder – mehr als eine Hundertschaft, von der Airbus Bank bis zur Ziraat Bank International. Der EdB gehören weder die Sparkassen noch die Genossenschaftsbanken an.
Vielmehr bilden diese beiden Gruppen Solidargemeinschaften, im Branchenjargon Institutssicherung genannt, die über die gesetzliche Einlagensicherung hinausgeht. Dazu verwaltet der DSGV elf regionale Stützungsfonds, die Sicherungsreserve der Landesbanken und den Sicherungsfonds der Landesbausparkassen. Sie sollen bei Bedarf für in Not geratene Mitglieder der Sparkassenorganisation einspringen. Unter den Genossen übernehmen die in der FinanzGruppe vereinigten 972 Institute einschließlich der DZ Bank und einiger Sonderinstitute entsprechende Aufgaben.
Während Sparkassen und Genossenschaftsbanken ihren Kunden den vollen Einlagenschutz in unbegrenzter Höhe garantieren, ist er bei den privaten Banken wie folgt geregelt: Neben dem gesetzlichen gibt es einen freiwilligen Schutz, der zurzeit pro Kunde 20 Prozent der Eigenmittel einer Bank ausmacht. Der Prozentsatz soll 2020 auf 15 und 2025 auf nur noch 8,75 Prozent sinken. Für Einlagen, die seit 2012 begründet oder verlängert wurden, gelten – unabhängig vom Zeitpunkt der Begründung solcher Einlagen – vom 1. Oktober 2017 an die jeweils neuen Sicherungsgrenzen.
Anlass genug, mehr als nur einen Blick auf sie zu werfen. Geschützt sind, wie bereits erwähnt, Konten und auf den Namen eines Kunden lautende Wertpapiere. Darüber hinaus als Sondervermögen geführte offene Fonds und Aktien, die sich ja ebenso wie Fonds in privaten Depots und nicht in Bankbilanzen befinden. Fonds werden wie Aktien zwar von Banken und Sparkassen verwaltet, gehören aber nicht ihnen, sondern ihren Kunden. Im Übrigen sollten Anleger beachten, dass weder Inhaberpapiere, wie die gängigen Anleihen, noch Zertifikate geschützt sind.
Wer sich für Gold interessiert, sei darauf aufmerksam gemacht, dass die Anleihe Xetra-Gold “nicht dem Schutzumfang des Einlagensicherungsfonds unterliegt”, wie der Bundesverband deutscher Banken feststellt. Diese Anleihe ist also in erster Linie ein Spekulationsobjekt für Anleger, die der Abgeltungsteuer entgehen möchten. Denn falls mit ihr Kursgewinne anfallen, bleiben diese nach mindestens einem Jahr Haltedauer in unbegrenzter Höhe steuerfrei.
Der 1. Oktober bringt auch für institutionelle Kunden allerlei Neuerungen mit sich. So fallen jetzt Bund, Länder und Kommunen aus der freiwilligen Einlagensicherung raus. Der Schutz für Unternehmen, Versicherungen und halbstaatliche Stellen, etwa Versorgungswerke, bleibt zwar erhalten, aber in veränderter Form.
Aus Anlegersicht interessanter dürfte sein, bei welchen bankähnlichen Instituten es keinen Schutz gibt: Finanzholdings, Zahlungsinstitute, Vermögensverwaltungen, Unternehmen, die im Kredit- und Factoringgeschäft, im Finanzierungsleasing, im Handel mit Finanzinstrumenten, im Emissions- oder Platzierungsgeschäft, in der Corporate Finance Beratung, der Portfolioverwaltung und im Depotgeschäft tätig sind. Solche Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, ständig ein Auge auf die eigenen Finanzen zu haben.
Bleibt zum Schluss noch die Frage, wie Anleger sich jetzt verhalten sollten, um ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Da drängt sich zunächst die Antwort auf: Unterhalb von 100.000 Euro je Kunde und Bank ist Sicherheit gegeben, sieht man von der Geldentwertung durch Inflation und von den immer häufigeren ärgerlichen Gebühren ab.
Und oberhalb? In diesem Fall bietet sich an, Konten bei mehreren Banken und Sparkassen zu unterhalten. Wer schließlich über flüssiges Kapital in Millionenhöhe und darüber verfügt, ist gut beraten, es so zu investieren wie erfolgreiche Millionäre: je ein Viertel auf mehreren Konten, in Aktien – am besten nach einem Rücksetzer der Kurse -, in Immobilien – nach einem Rücksetzer der Preise und in Gold einschließlich Silber. Wobei dieser Rat prinzipiell auch für weniger vermögende Anleger gilt.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
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Dieser Artikel wurde am 17.09.2017 auf www.goldseiten.de veröffentlicht.
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