Der Kampf gegen das Bargeld – Teil II
Unbeabsichtigte Folgen
Im Gegensatz zur Behauptung der Regierungen, dass der Normalbürger in seinem täglichen Leben kein Bargeld mehr bräuchte und dass die Beschränkungen nur Kriminelle und Steuerhinterzieher beträfen, führen die Regulierungen zur finanziellen Ausgrenzung. Tatsächlich leiden die schwächsten Teile der Gesellschaft, die Armen und Älteren, unter den verhängten Maßnahmen.
Ältere Menschen und Rentner haben große Schwierigkeiten, sich im Online-Banking oder in Bezahl-Apps zurechtzufinden. Damit sind sie gleichzeitig von einer Marginalisierung bedroht. Menschen, die am Existenzminimum leben, können leicht ihren Zugang zur Bankenwelt verlieren. Ohne Zugang zu einem Konto ist Bargeld alles, was ihnen bleibt.
Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Studie der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) besitzen fast 16 Millionen amerikanische Erwachsene kein Bankkonto, weitere 24,5 Millionen haben nur einen eingeschränkten Zugang zu Finanzinstituten und stützen sich auf Zahltagdarlehen und Bargeldvorschüsse. Nach einer Analyse des World Savings and Retail Banking Institute (WSBI) verfügen über 37 Millionen erwachsene EU-Bürger in Europa nach wie vor über keinen Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen. Weltweit gesehen steigt die Zahl der Menschen, die über kein Bankkonto verfügen, auf über 2 Milliarden.
Da Transaktionen und Ersparnisse zunehmend ins Internet verlagert werden, folgen ihnen auch die Anreize und Schwerpunkte der Cyberkriminalität. Die Akzeptanz elektronischer Zahlungen in Schweden hat bereits Beweise dafür geliefert und sollte als Warnung vor der steigenden Bedrohung dienen. Im Jahr 2017 schoss die Anzahl elektronischer Betrugsfälle nach Angaben des schwedischen Justizministeriums auf 140.000 und lag damit mehr als doppelt so hoch wie vor einem Jahrzehnt.
Beabsichtigte Folgen?
Mit der Abschaffung des Bargelds ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten monetärer Kontrolle und Manipulation. Bargeld ist die Achillesferse vieler geldpolitischer Visionen und der daraus entstehenden großen Experimente der Notenbanken. Ein gutes Beispiel dafür sind Negativzinsen.
Negative Zinssätze sind im Wesentlichen eine Steuer auf Bankeinlagen. Sie sollen Einleger davon abhalten, Geld zu sparen und Anreize für Ausgaben schaffen. Solange jedoch Papiergeld insbesondere in größeren Stückelungen der Öffentlichkeit zugänglich ist, lassen sich Einlagen einfach abziehen. Damit kann einer Bestrafung für das Sparen zuvorgekommen werden; das Bargeld wird einfach nur gehortet, anstatt es auszugeben.
Laut der schweizerischen Handelszeitung sind die Schweizer aufgrund der flächendeckenden Minuszinsen die Weltmeister im Geldhorten. Insgesamt sind Noten im Wert von 67,4 Milliarden Schweizer Franken im Umlauf. Gemessen an der Wirtschaftsleistung beträgt der Banknotenumlauf somit ca. zehn Prozent – so viel wie seit den 1980er Jahren nicht mehr und das, obwohl die Bedeutung von Bargeld über Jahrzehnte rückläufig war. Allerdings hat sich seit der Finanzkrise im Jahr 2008 dieser Trend gedreht und zu einem regelrechten „Run“ auf 1.000-Franken-Scheine geführt, welche heute rund 62% am gesamten Bargeldaufkommen der Schweiz ausmachen.
Anders ausgedrückt bietet das Horten von Bargeld zu Hause oder in privaten Tresoren den Menschen noch ein Ausweg, der die gegenwärtigen und zukünftigen Pläne der Zentralbanken ernsthaft gefährdet. In einer vollständig bargeldlosen Gesellschaft würde dieser Ausweg jedoch blockiert. Was könnte den Staat davon abhalten mittels der Einführung von wesentlich höheren Negativzinsen sich direkt an den Ersparnissen der Bürger auf den Bankkoten zu vergreifen? Zusätzlich würden traditionelle „Bank Runs“ damit vollständig unmöglich gemacht. Ebenfalls würde die Auferlegung von staatlichen Kapitalkontrollen oder das Einfrieren von Konten wesentlich erleichtert.
Generell werden immer mehr Konten und Transaktionen überwacht, die Ausgabenmuster und Finanzaktivitäten von Einzelpersonen und Unternehmen verfolgt und die technologischen Kapazitäten für das Big-Data-Management erweitert. Die an Regierungen und zentrale Institutionen übertragene Macht ist bereits heute beispiellos. Die Banken unterliegen der staatlichen Überwachung, welche, wie oben geschildert, in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut wurde. In einer bargeldlosen Welt würde diese Überwachung ins Grenzenlose ausufern und den Gläsernen Bürger erschaffen.
„Die Bezeichnung Gläserner Mensch wird vor allem als Metapher des Datenschutzes verwendet, die für die als negativ empfundene vollständige „Durchleuchtung“ der Menschen und ihres Verhaltens durch einen überwachenden Staat steht.“
Fazit
Die Abschaffung des Bargelds ist letztlich eine Frage der Kontrolle und der weiteren Zentralisierung der Entscheidungsgewalt über die Wirtschaft und das Finanzsystem. Auch wenn der innere Wert der Fiatwährungen null ist, bietet Bargeld dem Durchschnittsbürger immer noch die Möglichkeit, seine Ersparnisse aus dem System herauszuhalten. Angesichts der Angriffe auf diesen Ausweg ist es wichtiger denn je sich weitere Gedanken zu machen, wie man die Risiken diversifizieren kann.
Wichtig dabei ist es sich zu erinnern, dass sämtliche Papierwährungen durch nichts gedeckt sind und lediglich ein staatliches Versprechen darstellen, somit einem Gegenparteirisiko ausgesetzt sind. Zusätzlich wissen wir, dass Papierwährungen über Zeit durch Inflation an Kaufkraft verlieren. Dies führt letztendlich zu einer Erscheinung, welche bereits Thomas Gresham im 16. Jahrhundert beschrieben hat. Diese ist heute in allen manipulierten bzw. unfreien Geldsystemen zu beobachten. Es zeigt, dass das schlechte Geld das gute verdrängt.
Solange ein Marktakteur über die Wahlmöglichkeit verfügt, ist er bestrebt, für einen Handel das in seinen Augen geringwertigste Geld einzusetzen (z.B. elektronische Zahlungsmittel, Papiergeld oder Binnenwährungen, die nicht frei wechselbar sind). Das bessere Geld versucht er als Vermögenswert zu behalten (bspw. Münzen aus Edelmetallen oder international akzeptierte Währungen).
Aus diesem Grund verschwindet das hochwertige Geld aus dem Umlauf und wird gespart. Während das „schlechtere“ Geld als Zahlungsmittel zu Zahlungszwecken verwendet wird, fließt das höher geschätzte Geld häufig ins Ausland ab oder wird im Inland nach Einnahme aus der Zirkulation nicht wieder zu Zahlungszwecken ausgegeben und somit als Wertaufbewahrungsmittel gehortet. Vielfach wird das „gute Geld“ deshalb so lange wie möglich gehalten, weil eine zukünftige Aufwertung des höhergeschätzten Geldes erwartet wird und dann entsprechende Gewinne zu realisieren sind. Es verschwindet damit aus dem Geldumlauf bis es in Krisenzeiten wieder als Tauschgut mit hoher Kaufkraft hervorgeholt wird.
„Gutes Geld“ insbesondere in Krisenzeiten war stets physisches Gold und Silber in Münzen und Barren, da es die Funktion als Wertaufbewahrungsspeicher über 5000 Jahre beibehalten hat. Deshalb ist es sinnvoll und wichtig einen gewissen Bestand direkt im Heimatland zu halten und größere Beträge als zusätzliche Versicherung in einem Land einzulagern, wo zumindest die politische Macht limitiert und bspw. eine staatliche Konfiszierung ohne das Einverständnis der Stimmbürger unmöglich ist. Die Schweiz, das Land der direkten Demokratie, erfüllt nach wie vor diese Kriterien und den damit verbundenen Schutz von Privateigentum, insbesondere wenn eine Einlagerung außerhalb des Bankensystems erfolgt. Die Geschichte ist Zeuge, dass Eigentumsrechte im Bankensystem nur von temporärer Natur sind.
© Claudio Grass, Hünenberg, Schweiz
Bildrechte: © Gina Sanders@fotolia