Der Maria Theresien Taler: Die Großmutter aller Bullionmünzen ist eine willkommene Anlage-Alternative
Die Trauer der Herrscherin Maria Theresia über den Tod ihres geliebten Gatten Franz III. (Stephan) von Lothringen am 18. August 1765 muss groß gewesen sein – diese Erkenntnis kam früher oder später wohl bei den meisten Bewohnern des Habsburgischen Reiches an, ganz ohne Adels-Klatschzeitschrift oder Liveübertragung der Trauerfeier. Denn die Monarchin ließ verfügen, dass sie fortan als Zeichen ihres Schmerzes auf Münzen und Medaillen nur noch als Witwe mit Trauerschleier abgebildet werden wollte. Der Wille der Königin wurde erfüllt – zu Lebzeiten war sie nur noch mit Schleier auf Münzen zu sehen.
Diese historische Randnotiz ist nur ein Beispiel für österreichische Zeitgeschichte, die in der jahrhundertelangen Geschichte der Münze Österreich geprägt wurde. Bis heute wird Maria Theresia auf dem gleichnamigen Silbertaler dargestellt. Die Münze Österreich bezeichnet den „Maria Theresien Taler“ als „berühmteste Silbermünze der Welt“. Doch seit dem Siegeszug des Wiener Philharmonikers steht der Maria Theresien Taler im Schatten des Silber-Shootingstars – völlig zu Unrecht, denn die Münze mit dem Bildnis der legendären österreichischen Herrscherin wird seit 1741 bis heute geprägt und ist zu Anlagezwecken eine vollwertige Alternative zum Silber-Philharmoniker: Sie weist einen Durchmesser von 42 Millimetern und ein Feingewicht von 23,39 Gramm auf. Mit einem Feingehalt von 833,3/1000 Teilen Silber bringt Maria Theresia in Silber ein Gesamtgewicht von 28,07 Gramm auf die Waage. Zwischen 1750 und 2000 wurden etwa 390 Millionen Taler geprägt.
Die Darstellung der Maria Theresia mit Witwenschleier macht deutlich, dass Münzen und Medaillen in früheren Zeiten ähnlich wie heute auch eine politische Funktion hatten. Maria Theresia – die Monarchin wurde streng genommen nie zur Kaiserin ernannt, dafür aber zum „König“ ungeachtet ihres Geschlechts – machte die Münzprägung zur „Chefsache“: Zu den unterschiedlichsten Anlässen ließ sie Medaillen herstellen, über 300 sind bis heute bekannt. Höchstpersönlich ließ sie sich die Entwürfe „zuhanden Ihrer Majestät“ (so auch der Titel der Ausstellung) zeigen, als Berater für jegliche Detailfragen der Münzkunst tat sich ihr Staatskanzler Fürst Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg (1711–1794) hervor: „Von allen Gravirungen ist jene der Medaillen in der Kunst die wichtigste: sie soll das Andenken feyerlicher Begebenheiten, merkwürdiger Thaten und Anordnungen der Monarchen nebst ihrem Bildnis auf die Nachwelt bringen“, heißt es in einem seiner Vorträge, die direkt an Maria Theresia gerichtet waren, aus dem Jahr 1770. Der Fürst von Kaunitz-Rietberg verwies auf die Erfolge, welche die Regierung des französischen Königs Ludwig XIV. mit prächtigen Gedächtnis-Medaillen erreichen konnten.
Der Staatskanzler musste viele Medaillen-Entwürfe vorab prüfen und bewies ein gutes Gespür für jeglichen numismatischen „Fauxpas“ – so verhinderte er beispielsweise, dass Maria Theresia und ihr Sohn Joseph einander zugewandt abgebildet werden. Ein Sohn und eine Mutter, die einander betrachten? Was aus Sicht der fürsorglichen Maria Theresia sicher als Zeichen von Liebe und Zuneigung gedacht war, ging aus Sicht des Staatskanzlers gar nicht. Seine Begründung: Auf zeitgenössischen Medaillen werden üblicherweise verheiratete Personen einander zugewandt abgebildet. Die Kaiserin hörte auf ihren Münzspezialisten und so erschien eine besondere Erinnerungsmedaille auf den Frieden von Teschen (1779) mit einer gestaffelten Anordnung von Mutter und Sohn. Die handschriftlichen Kommentare von Maria Theresia zu dem Münzentwurf sind bis heute erhalten.
Der Maria Theresien Taler wurde erstmals 1741 geprägt und hat in den darauffolgenden Jahren mehrmals sein Aussehen verändert. Seit 1780 ist das Design unverändert, auch die Jahreszahl wird bis heute auf den Münzen geprägt. Bis 1858 war der Taler offizielles Zahlungsmittel, bis heute ist er ein Investment-Produkt der Münze Österreich. Auf der Münze ist das berühmte Bild der Kaiserin mit dem Witwenschleier abgebildet, auf der Rückseite ist neben Doppeladler, Kaiserkrone und Wappen in Rundschrift der Wahlspruch Maria Theresias: „Justitia et Clementia“, lateinisch für „Gerechtigkeit und Milde“, zu sehen. Der Maria Theresien Taler wurde in der Vergangenheit in verschiedenen Münzstätten im Heiligen Römischen Reich und in den habsburgischen Territorien geprägt, sogar aus Bombay stammen Taler. Neben der Investment-Variante gibt es auch eine Sammlerausgabe in „Polierte Platte“-Qualität.