Deutsche sind Weltmeister beim Goldkauf
Von Robert Hartmann, Gründer von pro aurum
Der Goldpreis versuchte sich im Oktober erneut an der Marke von 1.300 Dollar – und scheiterte. Kein Wunder, schließlich scheint das Vertrauen der Anleger in konkurrierende Anlageklassen wie Aktien, Immobilien sowie Bankeinlagen und Bargeld weiterhin sehr hoch zu sein.
Bundesbank meldet gestiegene Geldvermögen
Mitte Oktober veröffentlichte die Deutsche Bundesbank ihre aktuelle Statistik zur Entwicklung des Geldvermögens privater Haushalte im zweiten Quartal – mit interessanten Erkenntnissen. Gegenüber dem Vorjahresquartal hat sich das Geldvermögen der Deutschen von 5.406,9 Milliarden auf 5.722,6 Milliarden Euro (+5,8 Prozent) erhöht, wobei mit 39,3 Prozent der Löwenanteil dieses Betrags auf das Konto „Bargeld und Einlagen“ ging, während das geringste Interesse bei Schuldverschreibungen (2,2 Prozent) zu verzeichnen war. Besonders interessant: Auf Jahressicht war bei „Bargeld und Einlagen“ ein Zuwachs von 5,4 Prozent erzielt worden, während bei Anleihen ein Minus von 6,1 Prozent zu Buche schlug.
Bitte bedenken Sie aber, dass dieses Vermögen größtenteils in den vermeintlich sicheren Anlageklassen Lebensversicherungen und kurzfristige Liquidität (Cash) steckt. Dies birgt meiner Meinung nach gewisse Risiken, denn die Lebensversicherungen haben für das Geld der Sparer überwiegend Anleihen gekauft. Hier erwarte ich ein Ende der seit 30 Jahren anhaltenden Super-Hausse. Steigen die Zinsen, so fallen die Kurse der Anleihen und hinterlassen Verluste im Portfolio der Anleger. Mein Fazit lautet daher: Die Quote für Bargeld und Einlagen fällt mit 2.247,6 Milliarden sicherlich zu hoch aus.
Außerdem möchte ich anmerken, dass die neu installierten Bail-in-Regeln im Ernstfall dazu führen, dass Guthaben der Bankkunden nur noch bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Euro pro Bankkunde durch die Einlagensicherungsinstrumente abgesichert sind. Gespräche unserer pro aurum Berater mit vermögenden Privatkunden kreisen stets um das Dilemma des derzeitigen Anlagenotstands. Anleihen und Aktien erscheinen vielen Anlegern überreizt und Immobilien befinden sich zumindest in den Ballungsräumen in einer Blasenbildung. Dies ist der Hauptgrund, warum die Menschen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Ersparnisse auf dem Tagesgeldkonto parken – obwohl die Verzinsung bei null liegt und somit eine negative Realverzinsung bzw. Vermögensvernichtung sicher ist. Dass zuletzt immer mehr Deutsche Gold und Silber gekauft haben, sollte daher niemanden wundern.
Goldenes Jahrzehnt – Made in Germany
Der World Gold Council fand in seiner Studie heraus, dass die Deutschen in den vergangenen Jahren zu Weltmeistern beim Goldkauf mutierten und erwähnte dabei auch die bedeutende Rolle von pro aurum. Zwar kaufen andere Länder wie China oder Indien insgesamt wesentlich mehr Tonnen des gelben Edelmetalls, gemessen an der Einwohnerzahl ist Deutschland aber spitze. Mich überraschte diese Information allerdings nicht. Als am 1.April 2005 das Fernabsatzgesetz im Bundesrat geändert und somit rechtsverbindliche Käufe von Münzen und Barren über das Internet möglich wurden, brach im deutschen Edelmetallhandel eine neue Ära an. Bis dahin konnten deutsche Privatanleger de facto nur bei ihrer Hausbank kaufen und verkaufen. Am Tag der Ratifizierung des Gesetzes im Bundesrat war pro aurum mit dem deutschlandweit ersten Onlineshop für Gold am Start. Das Interesse der Investoren war von Beginn an groß und weist bis heute ein kontinuierliches Wachstum aus.
Es folgten mitunter turbulente Jahre. Zu Zeiten der Finanzkrise kam es zum Beispiel im Zeitraum von 2009 bis 2011 mehrmals zu der Situation, dass Goldbarren und Goldmünzen in Deutschland praktisch ausverkauft waren. Die Folge waren ungewöhnlich lange Lieferzeiten für den Krügerrand und Co. von bis zu vier Wochen. Ich kann mich an diese Zeit noch gut erinnern. Die Onlineplattformen von pro aurum mussten in diesem Zeitraum dreimal für mehrere Stunden offline gestellt werden, da gleichzeitig mehrere Hundert Kunden im Goldhaus in München und in den anderen pro aurum Lokationen Schlange standen. Wir mussten damals entscheiden, ob die noch vorhandene Ware an diese Kunden oder eben an unsere Online-Gemeinde ausgeliefert wird. Unsere Mitarbeiter arbeiteten während dieses „Ausnahmezustands“ im Zweischichtbetrieb und an Wochenenden, um die enorme Auftragsflut zu bewältigen. Seitdem hat sich die Lage aber wieder deutlich entspannt. Auch die anderen großen Player am Markt haben ihre Lagerhaltung erheblich aufgestockt, können so Nachfragespitzen besser ausgleichen und sind somit länger lieferfähig. Bei einer erneuten Krisenlage mit ungewöhnlich hoher Nachfrage wird das aber nur dafür reichen, etwas länger durchzuhalten als während der Kaufpaniken zwischen 2009 und 2011.
EZB verkündet Kurswechsel „light“
Am 26. Oktober teilte EZB-Chef Mario Draghi der Öffentlichkeit mit, die Anleihekäufe von bislang 60 Milliarden auf 30 Milliarden zu halbieren. Das hört sich zunächst einmal nach einem relativ starken Tritt auf die „geldpolitische Bremse“ an. Dass das Gegenteil der Fall war, zeigten der nachfolgende Jubel der Börsianer und die geplante Dauer der reduzierten Stützungskäufe. Diese sollen nämlich bis mindestens September 2018 durchgeführt werden, obwohl der ursprüngliche Plan ein Ende für Dezember 2017 in Aussicht gestellt hatte. Für mich ist allerdings klar, dass die Entscheidung nicht aus tiefster Überzeugung getroffen wurde. Nicht die EZB-Oberen, sondern die geltenden Obergrenzen definieren in meinen Augen das Ende des wahnsinnigen Anleihe-Aufkaufprogramms. In diesem Zusammenhang möchte ich deshalb daran erinnern, dass der Europäische Gerichtshof und das Bundesverfassungsgericht die Anleihekäufe nur unter dem Vorbehalt genehmigt hätten, dass die Notenbanker ihre selbst gesetzten Obergrenzen des Kaufprogramms einhalten. Um nicht dominanter Gläubiger der Staaten zu werden, sollte die EZB nicht mehr als ein Drittel der Anleihen einzelner Staaten kaufen. Nun muss man damit rechnen, dass 2018 die EZB-Käufe versiegen werden, ein Anheben der Leitzinsen könne aber noch dauern. Zur Erinnerung: Die US-Notenbank Fed hat sich nach dem Ende der quantitativen Lockerungsmaßnahmen für den ersten Zinsschritt nach oben mehr als zwölf Monate Zeit gelassen.