Die Schweiz als Modell für den Rest der Welt – Teil II
Weniger ist mehr
Mit über 2.200 Gemeinden und 26 Kantonen, die jeweils ihre eigenen Steuersätze festlegen, ist es erst die Struktur des Schweizer Staates an sich, um intensiven Steuerwettbewerb zwischen den Gemeinden und Kantonen zu ermöglichen und die Kommunalregierungen in Schach zu halten, da es den Bürgern erlaubt mit ihren “Füßen zu wählen” und gemütlich ein paar Kilometer weiter in die nächste Gemeinde zu ziehen oder notfalls den Kanton zu wechseln, sollten die Dinge an ihrem Steuerwohnsitz nicht so laufen, wie sie sich das vorstellen.
Jedoch stellen die in der Schweizer Verfassung verankerte direkte Demokratie und die kantonale Struktur des Landes nicht nur die akkurate Repräsentation des Willens des Volkes sicher, sondern beschränken auch die Macht der Regierung über das Volk.
Dezentralisierung respektiert den Bürger als Souverän und schützt ihn somit vor staatlicher Willkür. Hinzukommt, dass das dezentrale Regierungssystem auch die Wünsche der Massen bändigt, da die lokal-fiskale Verantwortlichkeit an unterster Stelle sitzt, was die Bürger bei öffentlichen Ausgaben dazu zwingt, vorsichtig zwischen Vor- und Nachteilen abzuwägen. Die direkte Demokratie in Verbindung mit engagiertem Regionalismus immunisiert die Schweiz relativ gut gegen einen immer stärker werdenden Staat und machen sie zu einem raren Hort der Freiheit in Europa. Die Limitierung der Macht seitens der Politik, aber auch seitens der Bürger(innen), bildeten die Basis für den Wettbewerb der Ideen und ermöglichte eine Vielfalt von unterschiedlichen Meinungen und Lösungen, anstelle der heutigen Situation, wo es nur eine Meinung, eine Lösung für alles geben darf.
“Proof of Concept”
Bedingt durch begrenzte Staatsmacht, dient die Schweiz gerne als Paradebeispiel für eine wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich gesunde Nation. Der Respekt vor Eigentumsrechten und dem Individuum, sowie die lange Tradition der Neutralität und einem starken Föderalismus mit dezentralen Strukturen, bilden das Fundament für so immense Vielfalt auf so kleinem Raum. Das macht die Schweiz zu einem idealen Land, um Geschäfte zu machen und zu investieren.
Mit ihrem Dienstleistungsangebot, geringer Kriminalität und ihrer Wettbewerbsfähigkeit steht die Schweiz im weltweiten Vergleich auf soliden Beinen und ist damit eines der erfolgreichsten Länder. Angeführt von Hong Kong belegt die Schweiz im Competitiveness-Ranking 2017 des International Institute for Management Development (IMD) den zweiten Platz.
Aber die Erfolgsgeschichte der Schweiz offenbart uns noch etwas anderes: Der Weg zu mehr Freiheit und Wohlstand führt eben nicht über Politik und einen mächtigen Staat. Im Gegenteil: Mehr Freiheit und Wohlstand kann es nur mit weniger Staat und weniger Politik geben.
Hausaufgaben für die Nachbarn
Es wäre eine grobe Vereinfachung zu sagen, dass die Schweiz perfekt sei. Sie ist es nicht; bei Weitem nicht. Dennoch zeugt die Erfolgsbilanz des der Neutralität verpflichteten, friedliebenden Landes von deutlich mehr Stabilität, wirtschaftlicher Robustheit und Sicherheit, als die der meisten anderen Länder dieser Welt. Die Grundprinzipien, Infrastruktur und Philosophie auf welchen diese kleine Nation steht, können als lehrreiches Beispiel für andere dienen oder zumindest eine solide Diskussionsbasis bieten.
Das Schweizer Erfolgsmodell bringt einen wichtigen Punkt ans Tageslicht: Auch der Staat kann sich nur durch Wettbewerb verbessern; wie jeder andere Marktakteur eben auch. Und dies kann nur durch schlankere politische Strukturen erreicht werden. Wenn sich die Regierung als Dienstleister versteht und versucht, die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis ihrer Dienstleistungen zu verbessern, wird auf diese Art und Weise die wirtschaftliche Freiheit gestärkt.
Am sicheren Hafen anlegen
Der Standort Schweiz ist gemeinhin als weltweit größte Vermögensverwaltung bekannt. Mit einem Marktanteil von 25 % ist sie Spitzenreiter im grenzüberschreitenden Privatbankwesen – und das aus guten Gründen.
Im weltweit vertrauenswürdigsten Land bezüglich Investments und Asset Management, verwalten die Schweizer Banken ein Vermögen von über 6,65 Billionen Franken ($ 6,5 Billionen). Fast die Hälfte davon stammt aus dem Ausland; ein weiterer Fakt, der als Beweis für den Wettbewerbsvorteil dieses Landes dient. Da seit Jahren kein Bankgeheimnis mehr existiert und dieses mittlerweile weltweit ausradiert wurde, zeigt, dass die Schweiz nach wie vor davon zehrt, dass schweizerische Geschäftsleute über die Zeit einen Ruf als zuverlässige und der Sorgfaltspflicht verbundene Partner aufgebaut haben. Wobei ein großer Teil auch der Unabhängigkeit und Souveränität eines neutralen Staates geschuldet ist.
Im Gegensatz zur weitläufigen Meinung und Massenmedienberichten zufolge, haben die tatsächlichen Vorteile des Standorts Schweiz nichts mit Steuervermeidung, fragwürdigen und verdächtigen Assets oder anderen abgedroschenen Klischees zu tun. Die konstanten Anschuldigungen seitens Brüssel, wiederkehrende Attacken seitens EU- und US-Politikern, das Land als Steueroase mit skrupellosen Bankstern zu karikieren, verfehlen durchwegs den Sinn, der hinter dem Erfolg der Schweizer steht.
Oder auch wie es Michael Ambühl, ehemaliger Schweizer Diplomat und Professor an der ETH Zürich, ausdrückt: “Für einen Hardcore-Eurokraten ist es schwer zu verstehen, dass ein Land wohlhabend sein und funktionieren kann, ohne dabei in der EU zu sein. Manche glauben, dies sei ein Resultat von etwas anderem: dem Bankgeheimnis oder den Steuern. Natürlich ist das nicht wahr.”
Vom Standpunkt eines Investors ausgesehen sind Innovationsfreundlichkeit sowie die gegebene Stabilität und Sicherheit, die die Schweiz bietet, praktisch ohnegleichen. Abgesehen von der physischen Sicherheit, garantiert durch die beständige bewaffnete Neutralität des Landes, gibt es zudem eine etwas andere, schwer fassbare Form der Sicherheit: Rechtssicherheit.
Der rechtliche und regulatorische Rahmen, in dem sich die Schweizer Regierung bewegt, ist berechenbar. Risiken, die woanders tatsächlich real sind, wie z.B. Enteignungen, Beschlagnahmungen, willkürliche Steuererhöhungen, Verletzung der Privatsphäre und der Persönlichkeitsrechte, sind für Investoren von wichtiger Bedeutung. Im Gegensatz zu anderen Ländern, hat die Schweiz weder einen Nutzen, die Kapazitäten noch die staatliche Struktur, um so einen Übergriff starten zu können.
Vor allem für Anleger, die außerhalb des Bankensystems in physisches Gold, wegen der Stabilität und des Werterhalts, investieren möchten, ist der Schutz der damit verbundenen Eigentumsrechte ein zentraler und ausschlaggebender Punkt. Es gibt kein Land, das diesbezüglich mit der Schweiz Konkurrenz bieten könnte, außer vielleicht Liechtenstein. Das kleine Nachbarland kann sich glücklich schätzen über einen Fürsten mit Vetorecht zu verfügen, der durch klassisch-liberales Denken besticht, ein Befürworter eines kleinen Staates ist und großen Respekt vor Privateigentum besitzt.
Die Einlagerung von Edelmetallen bei professionellen und privaten Edelmetallhändlern hat somit Sinn und ist zwingend ins Auge zu fassen. Natürlich nur für diejenigen, die verstanden haben, dass Edelmetalle in physischer Form, die beste Versicherung gegen die Risiken der Zeit bieten und gleichzeitig das Sparen über einen längeren Zeitraum ermöglichen. Insbesondere heute, wo der nominale Preis für Gold tiefer ist als 2001 (siehe Graphik unten).
Es bleibt zu hoffen, dass in Zeiten des kollektiven Wahnsinns und dem damit verbundenen Zentralismus, das Modell der Schweiz als Denkanstoß dient. Um sich in Erinnerung zu rufen, was Friedrich August von Hayek vor Jahrzehnten meinte, als er sagte:
„Die Demokratie, die wir kennen, muss scheitern, und so viele Menschen werden enttäuscht sein, dass sie sich eventuell gemeinsam gegen die Demokratie wenden.
Ursache ist aber nur ein ganz spezieller Fehler unseres demokratischen Systems. Es ist überhaupt nicht notwendig, dass Demokratie ein allmächtiges Parlament bedeuten muss. Die meiste Zeit der neueren Geschichte zeigt das Ringen um eine Beschränkung der Regierung. Es war eine unglückliche Entwicklung, dass die Leute glaubten, dass eine Beschränkung der Regierung hinfällig sei, wenn man die Macht der Repräsentanten der Mehrheit der Bevölkerung gegeben habe.
So wurden all die langen Bemühungen um eine Beschränkung der Regierung weggespült. Die Macht wurde einer einzigen Gruppierung gegeben, die sowohl die Gesetze machen kann, die sie für ihre Zwecke wünscht, als auch regieren kann. So haben wir eine unbeschränkte Demokratie bekommen, wo die Mehrheit des gewählten Parlaments machen kann, was sie will. Und was sie will, deckt sich überhaupt nicht mit der Meinung der Mehrheit, weil der Prozess der Mehrheitsbildung darin besteht, bestimmte Gruppen mit bestimmten Vorteilen zu bezahlen.
Solange die gewählte Versammlung die Macht hat, muss sie dies tun. Man kann in einer Vertreter-Versammlung keine Vertreter-Mehrheit bilden, wenn man die vorhandene Macht nicht dazu benutzt, bestimmten Gruppen bestimmte Vorteile zu gewähren. Diese Art von Demokratie ist schädlich und wird zusammenbrechen [2].“
Claudio Grass, Hünenberg See, März 2018
[2] (Interviewfilm „Inside the Hayek-Equation“, World Research Inc., San Diego, Cal. 1979, frei übersetzt von Roland Baader / https://www.youtube.com/watch?v=52tyPRsL3VQ)
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