Dollar als Krisenwährung gefragter als Gold
Der Goldpreis erlitt im August den fünften Monatsverlust in Folge. Zeitweise stürzte das gelbe Edelmetall auf Dollarbasis auf den tiefsten Stand seit Januar 2017 und in Euro gerechnet sogar auf den niedrigsten Wert seit zweieinhalb Jahren ab.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der Dollar genießt in der Finanzwelt als „sicherer Hafen“ derzeit zweifellos ein höheres Ansehen als ein Investment in Gold. Der Machtkampf zwischen Donald Trump und Ländern wie China, Russland und der Türkei hat der Weltleitwährung Dollar bislang nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Ein Blick auf den Dollarindex, der die US-Währung mit sechs wichtigen Währungen vergleicht, liefert hierfür den besten Beweis. Mitte August kletterte dieser nämlich auf den höchsten Wert seit 14 Monaten. Zugleich stürzte der Goldpreis auf den niedrigsten Wert seit 19 Monaten ab. Was mit Währungen passieren kann, deren „politische Elite“ mit Demokratie auf Kriegsfuß steht, haben Länder wie Venezuela und die Türkei eindrucksvoll aufgezeigt. Vor allem das Land am Bosporus, welches – übrigens ähnlich wie die USA – deutlich mehr Waren importiert als exportiert, hat dies in den vergangenen Monaten schmerzhaft zu spüren bekommen. In der Spitze hat sich die türkische Lira seit dem Jahreswechsel mehr als halbiert. Dem Goldpreis hat dies zu einem neuen Rekordhoch von fast 8.600 türkischen Lira verholfen.
Für mich steht außer Frage, dass Gold seinem Ruf als Krisenwährung derzeit wirklich nicht gerecht wird. Weder die zahlreichen geopolitischen Krisen noch die vielerorts steigende Teuerung gaben dem Goldpreis Auftrieb. Für die Zukunft erwarte ich aber keine weitere dramatische Dollar-Aufwertung, denn das würde den US-Exportkonzernen zu große Absatzprobleme bescheren. Einen temporären Kursrutsch unter 1.000 Euro halte ich zwar für möglich, ein Unterschreiten der Marke von 1.000 Dollar hingegen nicht. Die Chancen auf eine Goldpreiserholung stufe ich daher als relativ hoch ein. Gold profitiert grundsätzlich von negativen Realzinsen. Diese hat die Bundesbank in ihrem kürzlich vorgelegten Monatsbericht bestätigt.
World Gold Council meldet „globalen Aderlass“ bei Gold-ETFs
Anfang August meldete der World Gold Council, die internationale Interessenvertretung der Goldminenindustrie, für den Monat Juli erhebliche Abflüsse bei nordamerikanischen, europäischen und asiatischen Gold-ETFs mit physischer Besicherung. Für den Monat Juli waren für die Region Nordamerika ein Rückgang um 25,0 auf 1.223,7 Tonnen (–2,0 Prozent), für Europa ein Minus von 8,0 auf 1.044,6 Tonnen (–0,8 Prozent) und für Asien ein „Gewichtsverlust“ von 5,1 auf 90,5 Tonnen (–5,3 Prozent) gemeldet worden. Seit dem Jahreswechsel kann man allerdings nur in einer Region ein massives Abgabeinteresse feststellen, und zwar in Nordamerika. Denn von Januar bis Juli summierten sich die dort registrierten Goldabflüsse auf über 20 Tonnen, während in Europa und Asien im selben Zeitraum Zuflüsse im Volumen von 44,4 bzw. 5,7 Tonnen registriert wurden.
Dies deckt sich mit Daten der Wertpapieraufsicht US Securities and Exchange Commission (SEC), die in ihrem quartalsweise aktualisierten Update über die aktuellen Besitzverhältnisse des weltgrößten Gold-ETFs SPDR Gold Shares informiert hat. Unter den 15 größten Einzelinvestoren aus dem institutionellen Bereich haben sich insgesamt drei Adressen in den Monaten April, Mai und Juni von mehr als einer Million Anteile getrennt. So verkaufte zum Beispiel die US-Investmentbank Morgan Stanley fast 5,5 Millionen ETFs, wodurch sich deren Gesamtposition auf 4,75 Millionen Papiere mehr als halbiert hat. Beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock trennte man sich ebenfalls im großen Stil von „dem Finanzprodukt auf Gold“. Mehr als drei Millionen Anteile wurden verkauft und haben dadurch zu einer Reduktion der Bestände um 22,8 Prozent auf 10,4 Millionen ETFs geführt. Auch die Bank of America war im zweiten Quartal von Gold wenig begeistert und reduzierte ihr Exposure um 1,5 Millionen auf 6,76 Millionen (–18,0 Prozent).
Terminbörsen außer Rand und Band
Wie in den Monaten zuvor entstand auch an den Terminmärkten erneut erheblicher Verkaufsdruck. In wöchentlichem Abstand informiert die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) über die aktuelle Gemütslage der unterschiedlichen Gruppen von Marktakteuren. Im August gab es dort vor allem mit Blick auf die Stimmung unter den Großspekulanten (Non-Commercials) eine Extremlage zu vermelden. Mit über 222.000 Futures war deren Short-Seite so hoch wie noch nie. Außerdem ist ihre Netto-Long-Position, welche eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt, regelrecht kollabiert. Innerhalb von zweieinhalb Monaten hat sich diese von plus 120.200 in eine Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) von minus 8.700 Futures verwandelt. In der Vergangenheit folgten auf solch extreme Entwicklungen häufig massive Erholungsphasen. Wann die Stimmung großer Terminspekulanten das „Tal der Tränen“ verlassen wird, lässt sich erwartungsgemäß schwer prognostizieren.
Ich gehe davon aus, dass die historisch hohen Short-Positionen der großen Terminspekulanten zweifellos die Wahrscheinlichkeit eines Short Squeeze erhöhen. Das heißt: Diese Marktakteure werden dann Short-Eindeckungen vornehmen – entweder um Gewinne zu realisieren oder zur Verlustbegrenzung, weil der Goldpreis anzieht. Wann dies passieren wird, kann man leider nicht prognostizieren. Einen Vorgeschmack gab es am 25. August (Freitag), als der Goldpreis binnen weniger Minuten um zwei Prozent nach oben gesprungen ist.
Hohe Nachfrage dank niedriger Preise
Auch im August hat sich bei pro aurum die Nachfrage nach Edelmetallen in Form von Barren bzw. Münzen spürbar belebt, was in erster Linie an den deutlich gesunkenen Preisen gelegen hat. Bei Goldmünzen waren vor allem die Unzenmünzen von Krügerrand, Philharmoniker und Maple Leaf am stärksten gefragt. Bei Goldbarren konzentrierte sich das Interesse der Anleger auf die „Gewichtsklassen“ 100 Gramm und 250 Gramm. Mit Blick auf Silber erwiesen sich im August der kanadische Maple Leaf sowie der seit August handelbare südafrikanische Krügerrand als Umsatzspitzenreiter.
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
Im August haben sich 927 Anleger an der von pro aurum durchgeführten Edelmetall-Stimmungsumfrage (Juli: 1.932) beteiligt. Ein Ergebnis: Die Zahl der Kaufwilligen hat im Berichtszeitraum wieder abgenommen. Während im Juli noch eine Quote von 51,6 Prozent registriert worden war, ermäßigte sich diese im August auf 47,6 Prozent. Im Gegenzug hat sich der Anteil der Befragten mit abwartender Haltung von 48,4 auf 52,4 Prozent erhöht.
Bei der Frage nach der aktuellen Bewertung von Edelmetallen gab es ebenfalls leichte Verschiebungen zu vermelden. Eine Unterbewertung sehen derzeit 70,6 Prozent (Juli: 71,2 Prozent) der Anleger. Nachdem im Vormonat noch 20,2 Prozent der Anleger der Ansicht waren, dass Edelmetalle fair bewertet seien, schrumpfte diese Quote auf 17,5 Prozent. Trotz der markanten Preisschwäche halten 11,9 Prozent der Umfrageteilnehmer Edelmetalle weiterhin für überbewertet. Im Juli lag dieser Wert bei lediglich 8,6 Prozent.
Hinsichtlich der Preisperspektiven der Edelmetalle für das kommende Quartal gab es im August leichte Veränderungen zu beobachten. So hat sich zum Beispiel bei der Prognose steigender Edelmetallpreise gegenüber dem Vormonat ein von 37,0 auf 38,4 Prozent gestiegener Wert eingestellt. Außerdem war bei der Quote der Pessimisten, die fallende Edelmetallpreise erwarten, ein signifikanter Zuwachs von 17,1 auf 20,5 Prozent registriert worden. Dies hat dazu geführt, dass im August nur noch 41,1 Prozent (Juli: 45,9 Prozent) der Befragten einen Seitwärtstrend prognostizieren.