Dr. Bernhard Fuchs: Goldinvestoren wünschen sich vor allem Sicherheit bei ihrer Anlage
pro aurum hat mit Dr. Bernhard Fuchs, Vorstand der Umicore AG & Co. KG und Geschäftsbereichsleiter des Umicore-Edelmetallhandels, ein Interview geführt. „Besonders beim Thema Gold merken wir, dass immer mehr Anleger auf einen verantwortungsvollen Umgang und eine nachhaltige Gewinnung dieses Rohstoffs achten.“
pro aurum: Der Umicore-Konzern gehört im Bereich Materialtechnologie und Recycling zu den weltweit führenden Unternehmen. Wie wichtig ist für Umicore das Marktsegment Edelmetalle?
Dr. Bernhard Fuchs: Das Marktsegment Edelmetalle ist seit jeher eine der wichtigsten Säulen von Umicore. Unser Unternehmen – und seine Vorgängerunternehmen – beschäftigen sich seit mehr als 175 Jahren mit der Edelmetallaufarbeitung und Herstellung von edelmetallhaltigen Produkten. Heute sind wir einer der führenden Anbieter auf diesem Gebiet weltweit. Neben der physischen Lieferung in fast alle Länder der Welt unterstützen wir unsere Kunden auch bei der Preisabsicherung von Edelmetallen. Zudem sorgt Umicore für die Rückgewinnung von 17 Edel- und anderen Metallen aus Mobiltelefonen, Laptops oder auch verbrauchten Autoabgaskatalysatoren. Aus denen stellen wir dann wieder neue Produkte für unsere Kunden her.
Sie bieten seit Anfang 2017 Goldbarren mit Echtheits-Zertifikat an. Können Sie deren Besonderheiten und Vorteile kurz erklären?
Privatanleger, die in Gold investieren, wünschen sich vor allem Sicherheit bei ihrer Anlage. Daher haben wir im Jahr 2017 eine neue Verpackung für unsere geprägten Goldbarren auf den Markt gebracht. Dabei haben wir versucht, die Komponenten Sicherheit und hochwertige Optik zu vereinen.
Heraus gekommen ist eine Verpackung mit Echtheitszertifikat und einem Hologramm als Sicherheitsfeature für alle geprägten Umicore-Goldbarren in den Größen ein Gramm bis 100 Gramm. Durch das Zertifikat und das zusätzliche Sicherheitsmerkmal können Käufer und Anleger auf einen Blick feststellen, dass es sich um Umicore-Gold handelt. Sie müssen nur schauen, ob die Nummer auf dem Barren und jene auf dem Zertifikat identisch sind. Durch eine zusätzliche transparente Hülle ist der Barren in seiner edlen Verpackung perfekt geschützt.
Wie kam dieses Feature bei goldinteressierten Anlegern an?
Wir haben für die neue Verpackung durchweg positives Feedback von unseren Kunden erhalten. Die zusätzlichen Sicherheitselemente sowie die ansprechende und hochwertige Optik werden sehr gelobt.
Umicore ist als konfliktfreie Gold-Raffinerie zertifiziert. Können Sie unseren Lesern dieses Qualitätsmerkmal kurz erläutern?
Wir haben bei der Beschaffung der verwendeten Rohstoffe für die Produktion unserer Barren eine wichtige Sorgfaltspflicht. Der größte Teil der Edelmetalle für unsere Barren stammt aus unserer konzerneigenen Recyclinganlage für Elektronikschrott und andere Materialien in Hoboken, Belgien. Durch den Recyclingprozess gewinnen wir die Edelmetalle für unsere Barren und nutzen die so gewonnenen Rohstoffe für neue Produkte. Dadurch schließen wir den sogenannten „Wertstoffkreislauf“. Unsere Recyclinganlage ist bereits seit vielen Jahren als konfliktfreie Gold-Raffinerie zertifiziert. Das heißt, wir stellen sicher, dass das bei Umicore produzierte Gold so gewonnen wird, dass dabei weder Konflikte gefördert noch Menschenrechte verletzt werden.
Gold wird bekanntermaßen nicht nur aus der Erde gewonnen, sondern auch über das Recycling von Altgold. Welche Rolle spielt dieser Weg bei der Herstellung von Umicore-Barren?
Eine ganz entscheidende! Schon Anfang der 2000er-Jahre haben wir uns bei Umicore das Ziel gesetzt, eines der nachhaltigsten Unternehmen der Welt zu werden. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Der Schlüssel hierfür heißt Recycling, wofür sich Metalle – und ganz besonders Edelmetalle – in hervorragender Weise eignen. Selbst bei starker Erhitzung verbrennen diese ja nicht, sondern schmelzen, was ein erster wichtiger Schritt für ihre Rückgewinnung ist. Auch die Rückgewinnungsquote, also der Anteil, der im Rahmen eines Recyclingprozesses wirklich als neuer Rohstoff zurückgewonnen werden kann, ist für Edelmetalle sehr gut. Bei Umicore arbeiten wir täglich daran, dass so wenig wie möglich verloren geht.
Und besonders beim Thema Gold merken wir, dass immer mehr Anleger auf einen verantwortungsvollen Umgang und eine nachhaltige Gewinnung dieses Rohstoffs achten. Das spielt uns natürlich in die Hände, weil wir lange schon Vorreiter auf diesem Gebiet sind. Wir gewinnen mit unserem geschlossenen Kreislaufmodell wertvolle Edelmetalle am Ende ihres Lebenszyklus zurück und stellen daraus zum Beispiel unsere Goldbarren her.
Im Vergleich zur Primärgewinnung, bei der für ein Kilogramm Goldbarren über 200 Tonnen natürliches Erz benötigt wird, gewinnen wir mit nur vier Tonnen Althandys einen 1-kg-Umicore-Goldbarren. Und natürlich hat dieses Gold dieselbe Qualität.
Beim Bau von Smartphones werden diverse Edelmetalle verarbeitet. Deren Rückgewinnung stelle ich mir erheblich komplexer und kostenintensiver vor als das Einschmelzen von Zahngold oder Schmuck. Wie kann man sich diesen Prozess vorstellen?
Die Rückgewinnung von Edelmetallen aus Smartphones ist nicht vergleichbar mit dem Einschmelzen von Zahngold oder Schmuck.
Beim Recycling von Mobiltelefonen handelt es sich um eine Verkettung mehrerer Hightech-Prozesse. Es beginnt bei der Sammlung der Geräte über die mechanisch-manuelle Aufbereitung bis hin zur Einsteuerung in den mehrstufigen Prozess der metallurgischen Endverarbeitung. Man benötigt für diesen Recyclingprozess ein großes metallurgisches Know-how, das wir hier innerhalb von Umicore jahrzehntelang aufgebaut haben. Nach wie vor betreiben wir viel Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Die Goldausbeute aus Smartphones mit Umicores Recyclingverfahren liegt bei mehr als 95 Prozent. Zusätzlich werden aus den Handys natürlich weitere Metalle zurückgewonnen.
Die große Herausforderung beim Handyrecycling ist allerdings nicht der Recyclingprozess, den wir sehr gut beherrschen, sondern die Sammlung. Denn zahlreiche Smartphones kommen erst gar nicht bei uns an. Viele Menschen lassen ihre alten Handys eher in der Schublade liegen, als sie tatsächlich zum Recycling abzugeben, oder – noch schlechter – werfen diese in den Hausmüll, wo sie für unseren Recyclingprozess endgültig verloren sind. Von daher leisten wir in diesem Bereich viel Öffentlichkeitsarbeit, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass ihre ausgedienten elektronischen Geräte dem Recycling zugeführt gehören.
Kurzvita
Dr. Bernhard Fuchs arbeitet seit 1999 beim belgischen Materialtechnologie- und Recyclingkonzern Umicore bzw. beim Vorgängerunternehmen Degussa. Nach unterschiedlichen Stationen im In- und Ausland – unter anderem verantwortete er fünf Jahre lang Umicores Geschäftsaktivitäten in China – kehrte Fuchs 2014 als Vorstandsvorsitzender der Umicore AG & Co. KG nach Deutschland zurück. Umicore beschäftigt in Deutschland über 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an fünf Standorten. Zusätzlich leitet Fuchs den weltweiten Edelmetallhandel von Umicore.
Bildquelle: Umicore