Edelmetalle und Steuern: Das müssen Edelmetall-Fans wissen
Vom 1. Juli 2020 an soll ein „Wumms“ durch Deutschland gehen – so werden zumindest die gewünschten Auswirkungen des großen Corona-Konjunkturpakets lautmalerisch beschrieben, welches am 29. Juni von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde. An der Supermarktkasse, beim Autokauf oder bei der Buchung eines Bahntickets sind die Auswirkungen zumindest auf dem Papier sichtbar: Die Mehrwertsteuer sinkt von 19 Prozent auf 16 Prozent, der reduzierte Satz wird von sieben auf fünf Prozent gesenkt. Mit dieser Maßnahme soll die Konjunktur angekurbelt werden – und es ist anzunehmen, dass viele Deutsche die Mehrwertsteuersenkung auch dazu nutzen werden, um Edelmetalle noch günstiger zu bekommen.
Das Wichtigste vorweg: Beim Investment in Münzen und Barren aus Gold ändert sich nichts. Anlagegold ist mehrwertsteuerbefreit. Die volle Mehrwertsteuer wird nur für seltene und gut erhaltene Sammlermünzen fällig, welche zu einem Vielfachen ihres reinen Metallwertes gehandelt werden. Die unkomplizierte Behandlung von Gold bei der Mehrwertsteuer ist ein wichtiges Argument für die meisten Anleger – denn sie profitieren ab dem ersten Prozent von Wertzuwächsen.
Anders sieht es bei den Weißmetallen aus: Silber, Platin und Palladium werden ausnahmslos mit 19 Prozent besteuert, dieser Satz sinkt also in der zweiten Jahreshälfte 2020 auf 16 Prozent. Allerdings haben im Jahr 2014, als die Mehrwertsteuer für Silbermünzen auf 19 Prozent angehoben wurde, Edelmetallhändler in ganz Deutschland mit der Differenzbesteuerung eine völlig legale Möglichkeit gefunden, die Steuererhöhung abzufedern. Bei diesen Münzen aus dem EU-Ausland (Südafrika, Kanada, USA) summiert sich die Steuerlast am Ende in etwa auf den ermäßigten Steuersatz.
Auch abseits der Mehrwertsteuer gelten Edelmetalle als äußerst unkompliziertes Investment, wenn es um die Besteuerung geht. Denn wer sein Gold, Silber, Platin oder Palladium länger als ein Jahr besessen hat, kann danach mögliche Kursgewinne steuerfrei realisieren. Die Abgeltungssteuer entfällt also. Nur wenn Münzen oder Barren vor Ablauf der Jahresfrist verkauft werden, muss der Gewinn mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden, sobald ein Gewinn von 600 Euro überschritten wird. Es ist daher ratsam, alle Edelmetallkäufe lückenlos zu dokumentieren.
Nicht nur bei der Mehrwertsteuer hat es in diesem Jahr eine überraschende Veränderung gegeben, auch beim anonymen Edelmetallkauf mussten sich Anleger auf eine Neuerung einstellen: Die Bargeldgrenze bei anonymen Käufen von Gold und Silber ist auf 2.000 Euro gesunken. Zuvor konnten Edelmetallkäufe in bar als sogenanntes „Tafelgeschäft“ bis zur Grenze von 10.000 Euro getätigt werden. Inzwischen müssen ab der Grenze von 2.000 Euro auf Grundlage des Geldwäschegesetzes die Personalien des Käufers dokumentiert und der Personalausweis kopiert werden.
Privilegien wie den anonymen Kauf bis zu einem Wert von 2.000 Euro sowie die steuerfreie Realisierung von Gewinnen haben Investoren übrigens bei Goldminenaktien und Minenfonds nicht. Bei diesen Anlageklassen wird nach der Realisierung von Kursgewinnen grundsätzlich die pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer abgezogen. Aus diesem Grund bevorzugen die meisten Privatanleger in Deutschland, die auf Edelmetalle setzen, physische Produkte wie Münzen und Barren. Hier haben sie die Sicherheit, dass Standardprodukte aus Gold nicht mit der Mehrwertsteuer belegt werden. Und diese „Sonderregelung für Anlagegold“ greift sogar für zahlreiche moderne und historische Goldmünzen. Das Bundesministerium für Finanzen veröffentlicht jedes Jahr ein 28 Seiten starkes Verzeichnis der befreiten Goldmünzen von A wie Afghanistan bis Z wie Zypern.
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