Eine Flucht in den sicheren Hafen Gold bleibt bislang aus
von Robert Hartmann, Mit-Gründer von pro aurum
Der Februar war durch heftige Kursverluste und -schwankungen bei Aktien und Anleihen gekennzeichnet. Dem Krisenschutz Gold hat diese Entwicklung aber kaum geholfen – eine Flucht in den sicheren Hafen Gold blieb bislang aus.
Normalerweise attestieren Kapitalmarktexperten eine negative Korrelation zwischen den beiden Anlageklassen „Aktien“ und „Gold“. Demzufolge müsste es mit dem Krisenschutz Gold bei fallenden Aktienkursen tendenziell bergauf gehen. Außerdem sollte eine wachsende Unsicherheit hinsichtlich Aktieninvestments – wie sie durch deutlich gestiegene Volatilitätsindizes auf Aktien zum Ausdruck kommt – dem sicheren Hafen Gold verstärkte Zuflüsse bescheren. Diese blieben bislang allerdings aus.
Grundsätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass dieser „Reflex“ nicht immer funktioniert. Erinnern Sie sich noch an die Jahre 2008 bis 2011 als sich sowohl Gold als auch Aktien deutlich verteuert hatten? Damals zog zum Beispiel das gelbe Edelmetall um 150 Prozent und der führende Aktienindex Dow Jones im selben Zeitraum um immerhin 80 Prozent an. Erst seit dem Jahr 2013 haben sich die Aktien nachhaltig besser entwickelt als der Goldpreis. Bei Gold sehe ich nunmehr erhebliches Nachholpotenzial. Aktuell liegt das Dow Jones/Gold Ratio bei über 19. Für die kommenden fünf Jahre gehe ich von einstelligen Werten aus. Das setzt voraus, dass Gold gegenüber US-Aktien deutlich besser performen wird.
Wenig beeindruckende Jahreszahlen vom World Gold Council
Die im Februar vom World Gold Council veröffentlichten Jahreszahlen zum Goldmarkt hatten eindeutig einen „negativen Touch“. Sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite deuteten negative Vorzeichen auf ein nachlassendes Interesse an Gold hin. So hat sich die Goldnachfrage im vergangenen Jahr um sieben Prozent auf 4.071,7 Tonnen reduziert, während auf der Angebotsseite trotz einer rekordhohen Minenproduktion ein Minus von vier Prozent auf 4.398,4 Tonnen zu beklagen war. Der World Gold Council führte die Nachfrageschwäche auf den Investmentsektor zurück, der durch leicht rückläufige Geschäfte bei Barren und Münzen und einen regelrechten Einbruch der ETF-Zuflüsse gekennzeichnet war. Während 2016 physisch hinterlegte Goldprodukte Nettozuflüsse in Höhe von 546,8 Tonnen verzeichnet hatten, gab es für 2017 einen regelrechten Einbruch um 63 Prozent auf 202,8 Tonnen zu vermelden. Leicht bergab ging es auch mit dem Goldappetit der Notenbanken, deren Nettokäufe einen Rückgang um fünf Prozent von 389,8 Tonnen (2016) auf 371,4 Tonnen (2017) verbucht hatten. Leichte Zuwächse gab es lediglich in den Marktsegmenten Schmuck und Technologie, in denen die Nachfrage von 2.053,6 auf 2.135,5 Tonnen (+4,0 Prozent) bzw. von 323,4 auf 332,8 Tonnen (+3,0 Prozent) zugelegt hat. Beides reichte allerdings nicht aus, um übergeordnet einen positiven Eindruck zu hinterlassen.
Ich betrachte die globale Goldnachfrage als eher schleppend, wobei ich vor allem auf das derzeitige Kundenverhalten in den USA hinweisen möchte. In den USA verkaufen private und institutionelle Kunden Goldmünzen und Goldbarren in großem Stil. Wie mir berichtet wurde, sei das Hauptmotiv hierbei vor allem die Erwartung, dass andere Anlageklassen wie Aktien und Bitcoin zukünftig besser abschneiden würden als Gold. Fast täglich werden uns von amerikanischen Händlern große Mengen an Sekundärware (Kapitalanlagemünzen älterer Jahrgänge) angeboten. Jenseits des Atlantiks hat dies die Aufgelder für historische Goldmünzen auf Rekordtiefs fallen lassen. Für mich ist dies ein klares Warnzeichen. Mich erinnert das ein wenig an die Situation in den Jahren 1998 bis 2000. In diesem Zeitraum erreichten uns fast ausschließlich Verkaufsorders von Privatkunden, die mit den Erlösen aus diesen Verkaufsorders noch in den inzwischen heiß gelaufenen Neuen Markt einsteigen wollten. Damals gab es so gut wie keine Kaufaufträge. Heute wissen wir, dass dies eine glasklare Kapitulationsphase darstellte und ein idealer Zeitpunkt war, um in den Markt einzusteigen.
Kräftige Abflüsse beim weltgrößten Gold-ETF
Besonders interessante Daten lieferte im Februar aber auch die US-Wertpapieraufsicht SEC. Sechs Wochen nach Quartalsende veröffentlicht sie regelmäßig, welche institutionellen Investoren bei Aktienunternehmen, Fonds und ETFs zu den größten Einzelinvestoren zählen. Goldanleger interessieren sich in diesem Zusammenhang besonders stark für die aktuellen Beteiligungsverhältnisse bzw. Umschichtungen beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares. Dessen gehaltene Goldmenge hat sich im vierten Quartal von 864,65 auf 837,5 Tonnen (–27,15 Tonnen) ermäßigt, was einem Minus von über drei Prozent entsprach.
Besonders stark verkauft haben im Berichtszeitraum die US-Vermögensverwaltung BlackRock sowie die Bank of America und Morgan Stanley. Letztere reduzierte ihre ETF-Bestände von rund acht Millionen auf „lediglich“ 4,6 Millionen Anteile (–42,5 Prozent) und rutschte dadurch unter den größten Einzelinvestoren von Rang 3 auf Rang 5 ab. Kräftige Verkäufe haben aber auch BlackRock und die Bank of America gemeldet. Der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock hat zwar fast 1,2 Millionen Anteile verkauft, mit 17,93 Millionen Anteile gilt er aber nach wie vor als der mit Abstand größte Einzelinvestor, gefolgt von der Bank of America, die sich im vierten Quartal von mehr als 2,1 Millionen ETFs getrennt hat. Mit 7,28 Millionen Anteilen gilt sie aber weiterhin als zweitgrößter Anteilseigner.
Eindrucksvolles Comeback der Inflation
Ein in den vergangenen Jahren fast schon in Vergessenheit geratenes Thema wird an den internationalen Finanzmärkten wieder heiß diskutiert: die Inflation. Der massive Februar-Kurseinbruch bei US-Aktien war vor allem auf stärker als erwartet gestiegene US-Löhne und US-Konsumentenpreise zurückzuführen. Letztere übertrafen mit 2,1 Prozent p. a. nicht nur die Analystenprognosen, sondern auch den von der Fed seit Jahren kommunizierten Wunschwert von zwei Prozent. Auch die Inflationsraten der größten Volkswirtschaften nähern sich der Zielmarke von zwei Prozent immer mehr an.
In diesem Zusammenhang möchte ich anmerken, dass die Währungshüter in den USA vorsichtshalber schon einmal darauf hingewiesen haben, kurzfristig auch deutlich höhere Inflationsraten zulassen zu wollen. Für mich ist das wenig verwunderlich, schließlich haben sich die Staaten in den letzten Jahren massiv neu verschuldet. Liegen die Inflationsraten oberhalb des Zinsniveaus, ist die Realverzinsung negativ. Das ist gut für die Schuldner und geht zulasten der Sparer. Daran wird sich meines Erachtens auch in den nächsten Jahren wenig ändern. Außerdem gelten negative Realzinsen erfahrungsgemäß als fruchtbarer Boden für eine positive Entwicklung des Goldkurses. Auch die charttechnische Situation des Goldpreises erscheint mir derzeit äußerst interessant. Mehrmals hat die Marke von 1.370 Dollar pro Feinunze den Kursanstieg der Goldnotierung gebremst. Gelingt hier ein Ausbruch, dürfte im Anschluss eine schnelle Bewegung in Richtung 1.520 Dollar erfolgen.
Bei pro aurum verlief der Handel von Barren und Münzen in den ersten drei Handelswochen im Januar noch recht ordentlich und war von größeren Kauforders der Privatkunden geprägt. Seit dem am 25. Januar 2018 bei 1.367 Dollar erzielten Jahreshoch hat sich das Orderaufkommen jedoch deutlich beruhigt. Auch das Geschäft mit den Partnerbanken von pro aurum verlief eher zurückhaltend. Als weiterhin recht zufriedenstellend sehe ich hingegen den Umsatz mit anderen europäischen Edelmetallhändlern.