Gold: Trotz diversen Bremsklötzen ein Must-have
Von Robert Hartmann, Gründer von pro aurum
Der Goldpreis übertrifft derzeit zwar sein Ende 2015 bei 1.050 Dollar markiertes Mehrjahrestief um etwa 20 Prozent – mehr als einen intakten Seitwärtstrend kann man dem Krisenschutz Gold derzeit auf mittlere Sicht aber nicht attestieren. Ausgebremst wurde die Anlageklasse mit Substanzcharakter in den vergangenen Wochen von mehreren Faktoren.
Da wäre zum Beispiel die im April und Anfang Mai zu beobachten gewesene extreme Zuversicht an den Aktien- und Rentenmärkten, die man auch als Sorglosigkeit einstufen könnte. Der Glaube an den ewigen Aufwärtstrend hievte so manchen Aktienindex dies- wie jenseits des Atlantiks auf neue Rekordhochs. Noch vertrauen die Investoren der Allmacht der Notenbanken, über Liquiditätsspritzen die Finanzmärkte zu beherrschen. Sobald dieses Vertrauen aber schwinden sollte, dürfte Gold in physischer Form verstärkt in den Fokus der Anleger rücken. Gegenwärtig favorisieren institutionelle Investoren Aktien und Staatsanleihen bester Bonität; ein bisschen denkt das sogenannte „smart money“ aber bereits um.
Den besten Beleg für diese These liefert die US-Wertpapieraufsicht Securities and Exchange Commission, die einmal pro Quartal über deren ganz große Positionen informiert. Besonders interessant: Der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock hält beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares mit aktuell über 17 Millionen Anteilen (Stand: 31. März 2017) die mit großem Abstand größte Einzelposition. Damit haben die US-Vermögensprofis mittlerweile zwei Milliarden Dollar in diesem physisch besicherten Gold-Vehikel in Papierform gebunkert. Unter den 15 größten Einzelaktionären haben auch zwei große US-Investmentbanken im ersten Quartal 2017 ihr Gold Exposure massiv nach oben gefahren: Morgan Stanley (+ 20,5 Prozent) und JPMorgan Chase (+ 115,5 Prozent). Fazit: Privatanleger sollten auf keinen Fall auf eine angemessene Goldquote verzichten.
Edelmetalle auf keinen Fall ignorieren
Edelmetalle wie Gold und Silber sollten gewissermaßen als Versicherung und Stabilitätsanker eines jeden Depots betrachtet werden, da ihnen schon seit jeher eine negative Korrelation zu Aktien und zum Dollar zugestanden wird. Das heißt: Edelmetalle beweisen relative Stärke, wenn sich Aktien oder der Greenback auf eine Talfahrt begeben. Im aktuellen Umfeld bietet es sich an, eine Edelmetallquote von 15 Prozent des Gesamtvermögens anzustreben. Dabei sollte je nach Risikobereitschaft eine Unterteilung in drei Anlagestrategien vorgenommen werden: defensiv, ausgewogen und chancenorientiert. Weil Silber erfahrungsgemäß deutlich höhere Kursschwankungen (Volatilität) als Gold aufweist, sollte die Edelmetallquote eines defensiven Portfolios zu 15 Prozent aus Gold bestehen. Beim ausgewogenen Depot bietet sich eine Aufteilung von 12 Prozent Gold und drei Prozent Silber an, während die chancenorientierte Variante aus zehn Prozent Gold und fünf Prozent Silber bestehen sollte.
Viele Marktbeobachter sehen gegenwärtig die steigenden US-Zinsen als „Bremsklotz“ für Gold. Dabei sollten Anleger aber stets im Hinterkopf behalten, dass dabei nicht die Nominalzinsen die entscheidende Rolle spielen. Viel wichtiger sind nämlich die Realzinsen – also das, was nach Abzug der Inflation noch übrig bleibt. Das ist nicht viel und dürfte auf längere Sicht nahe null oder sogar darunterliegen. In Deutschland boten zum Beispiel im Mai 2017 Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren eine ausgesprochen magere Rendite in Höhe von weniger als 0,4 Prozent, während die Inflationsrate für den Monat April mit zwei Prozent deutlich höher ausfiel. Aufgrund der damit verbundenen Vermögensvernichtung macht ein solches Anleiheinvestment unter ökonomischen Aspekten absolut keinen Sinn.
Die Inflation an politischen Krisenherden – siehe Nordkorea, Frankreich, Türkei, USA usw. – wirkt sich auf mittlere Sicht auf den Goldpreis derzeit eher nicht aus. Dies würde sich höchstwahrscheinlich erst im Falle eines Krieges zwischen den USA und Nordkorea oder eines Wahlsiegs der AFD bei der Bundestagswahl ändern. Ob jedoch Merkel oder Schulz Bundeskanzler wird, dürfte dem Goldpreis herzlich egal sein. Von erheblich größerem Interesse ist für die Finanzwelt hingegen die Geldpolitik der Notenbanken, insbesondere die der Fed. Sollte die Mehrheit der Investoren das Vertrauen in die „Beherrscher der Krisen“ verlieren, müsste der Goldpreis davon in hohem Maße profitieren. Grundsätzlich stehen auf Sicht von zehn Jahren die Chancen nicht schlecht, dass die alten historischen Hochs aus dem Jahr 2011 deutlich übertroffen werden.