Wer kennt sie nicht? – die alte Lebensweisheit „Geld regiert die Welt“. Genau genommen dürfte damit aber vor allem der Dollar gemeint sein, schließlich spielt er sowohl innerhalb der globalen Finanzsysteme als auch an den internationalen Rohstoffmärkten ganz klar die erste Geige. Doch um dessen Image und Werthaltigkeit ist es derzeit nicht gerade sonderlich gut bestellt.
Von Werterhalt beim Dollar keine Spur
Geld sollte sich unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten vor allem für diese drei Zwecke eignen: als Tausch- bzw. Zahlungsmittel, als Recheneinheit und als Wertaufbewahrungsmittel. Bei der letztgenannten Funktion muss man mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte selbst dem in aller Welt begehrten Dollar erhebliche Defizite attestieren. Verantwortlich hierfür ist vor allem die Inflation, die sich grundsätzlich in einer schleichenden, galoppieren oder explodierenden Geldentwertung bemerkbar machen kann. Selbst im Mutterland des Kapitalismus hat die Währung in den vergangenen Jahrzehnten – trotz relativ geringer Inflationsraten – massiv an Kaufkraft verloren.
Auf der Website www.dollartimes.com kann man sich über den konkreten Verfall der Weltleitwährung Dollar detailliert informieren. Dort sind nämlich in einer Datenbank die jährlichen US-Inflationsraten seit dem Jahr 1914 enthalten, wodurch sich für jeden beliebigen Zeitraum die Kaufkraftverluste eines bestimmten Dollarbetrags anzeigen lassen. Der unten aufgeführte Chart zeigt Ihnen zum Beispiel, wie viele Dollars 2019 nötig gewesen wären, um damit die im Jahr 1932 existierende Kaufkraft eines 20-Dollar-Scheins zu bewahren. Ergebnis: Mit fast 350 Dollar stellte sich eine Vervielfachung um den Faktor 17 ein. Außerdem zeigt der Chart auf, dass sich die Geldentwertung seit den 70er-Jahren erheblich beschleunigt hat. Richtig schmerzhaft wird für die Bevölkerung eines Landes diese Gesetzmäßigkeit, wenn die Inflation auf lange Sicht stärker zunimmt als das Haushaltseinkommen.
Entdollarisierung auf dem Vormarsch
Dass der Dollar den globalen Handel eindeutig dominiert, dürfte vor allem auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass der weltweit wichtigste Rohstoff Öl überwiegend in Dollars abgewickelt wird. Selbiges trifft auch auf die Krisenwährung Gold zu. Die enorm wichtige Rolle des Dollars kommt aber auch innerhalb der globalen Finanzsysteme zum Tragen. US-Regierungen haben diesen Sachverhalt in der Vergangenheit schon immer als Druckmittel eingesetzt, um ihre geopolitischen Interessen durchzusetzen. In den vergangenen Jahren haben dies vor allem Staaten wie Russland, Iran und Venezuela besonders stark zu spüren bekommen. US-Präsident Donald Trump hat seit seinem Amtsantritt und der damit einhergegangenen US-Sanktionspolitik diesbezüglich besonders viel Kritik ausgelöst, schließlich betreffen seine Maßnahmen souveräne Länder sowie international operierende Unternehmen. Gegen diese Vormachtstellung der USA opponieren immer mehr Staaten.
Als einen Beleg für diese Entwicklung kann man vor allem die Aktivitäten der zwei weltweit besonders wichtigen Wirtschaftsnationen einordnen: Russland und China. So haben zum Beispiel die Chinesen in den vergangenen Jahren den Handel von Rohöl und Gold in der eigenen Handelswährung etabliert, um damit die Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren. In diesem Kontext ist auch deren Ankündigung zu sehen, ihre Bestände an US-Staatsanleihen zurückzufahren. Russland ist hier bereits einen deutlichen Schritt weiter und hat „Anleihen Made in USA“ im großen Stil verkauft. Weil aber auch die Europäer ihren Nachbarn im Osten sanktioniert haben, wichen die Russen nicht auf die zweitwichtigste Reservewährung Euro aus, sondern haben stattdessen verstärkt in Gold investiert. Seit Jahren nennt der World Gold Council Russland als größten Goldkäufer. Allein im vergangenen Jahr wanderten über 274 Tonnen Gold in die Tresore der russischen Zentralbank. Damit hat man vier Jahre in Folge die Goldreserven des Landes um mehr als 200 Tonnen aufgestockt. Und dieser Trend dürfte weiter anhalten, schließlich fällt in Russland mit 18,5 Prozent die Goldquote an den Gesamtwährungsreserven relativ bescheiden aus. Deutschland weist in diesem Punkt beispielsweise einen Wert von über 70 Prozent aus.
Langfristiger Werterhalt via Gold
Anleger, die ihr angespartes Geldvermögen vor dem inflationsbedingt unaufhaltsamen Kaufkraftverlust einer Währung bewahren möchten, sind zum Tausch in andere Anlageklassen gezwungen. Deren Hauptproblem ergibt sich aus ihren in Geld bemessenen Preisschwankungen. Beispiel Gold: Wer im Herbst 2012 – als Gold in Euro gerechnet ein Rekordhoch markiert hatte – das gelbe Edelmetall zwecks Inflationsschutz gekauft hatte, dürfte angesichts eines seither verbuchten Wertverlusts in Höhe von über 16 Prozent von dessen Eigenschaft zum Kaufkrafterhalt eher enttäuscht sein. Wer indes unmittelbar vor der Lehman-Pleite (September 2008) auf Gold gesetzt hatte, dürfte angesichts der bis dato erzielten Wertverdopplung keinen Grund zum Klagen haben.
Um die oben erwähnte Beispiel-Rechnung zur seit 1932 registrierten Kaufkrafterosion eines 20-Dollar-Scheins noch einmal aufzugreifen, bietet sich ein Vergleich mit der Wertentwicklung einer Feinunze Gold an. Diese kostete damals nämlich lediglich etwas mehr als 20 Dollar. Da dieselbe Goldmenge im Mai 2019 fast 1.300 Dollar wert war, haben die damaligen Goldbesitzer mit ihrem Goldkauf zusätzliche Kaufkraft generiert, schließlich wurde der oben ermittelte Wert von fast 350 Dollar um ungefähr 950 Dollar übertroffen. Einen guten Schnitt machten aber auch US-Bürger, die nach dem von 1933 bis 1974 verhängten Goldverbot bei dem edlen Metall wieder zugegriffen haben. Im Jahr 1975 schwankte der Goldpreis zwischen 128,75 und 185,25 Dollar, was zu einem Durchschnittswert von 161,05 Dollar führte. Um die damalige Kaufkraft von 161 Dollar zu erhalten, müsste man heute 779 Dollar besitzen (Quelle: www.dollartimes.com ). Unter Berücksichtigung des nunmehr erreichten Goldpreisniveaus beläuft sich die dadurch gewonnene Kaufkraft auf immerhin mehr als 500 Dollar.
Sollte der behutsame Umbau des derzeitigen dollardominierten Währungssystems in ein multipolares Währungssystem nicht gelingen, könnte sich demnächst – allerdings losgelöst von Reimen – möglicherweise eine andere Lebensweisheit in den Köpfen verunsicherter Anleger etablieren. Und die lautet dann wohl: „Gold regiert die Welt“.
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