Goldexperte Stöferle: Langfristig spricht nichts gegen Gold
Im Juni veröffentlichte die Liechtensteiner Vermögensverwaltung Incrementum AG den diesjährigen Goldreport „In Gold we Trust“. In einem Interview erläuterte Ronald-Peter Stöferle, einer der beiden Autoren der Studie, wie er die aktuelle Lage an den Goldmärkten beurteilt.
pro aurum: Herr Stöferle, warum glauben Sie, dass die mehrjährige Schwächephase bei Gold und Silber beendet ist?
Ronald-Peter Stöferle: Ich denke, wir befinden uns in der Frühphase eines neuen Bullenmarktes. Ende 2015 haben wir den Höhepunkt der Verkaufspanik bei Gold und bei Minenaktien gesehen. Seither ist der Goldpreis in allen wichtigen Währungen gestiegen. Angesichts der Tatsache, dass kaum über Gold berichtet wird und sich kaum jemand für Gold interessiert, kann die Performance der ersten sieben Monate durchaus als ansehnlich bezeichnet werden.
Welche Faktoren werden in den kommenden Monaten den Goldpreis noch besonders stark beeinflussen?
Eine besonders große Rolle dürften wohl die Opportunitätskosten gegenüber Aktien spielen. Solange die Aktienmärkte weiter haussieren, wird sich Gold vermutlich recht schwertun. Wir sehen hier allerdings deutliche Anzeichen für eine Überhitzung und interpretieren die jüngste Entwicklung als „the everything bubble“. Das heißt: Aktien, Anleihen und Immobilien bewegen sich nahe ihrer Allzeithochs und ewig wird dieser Trend nicht anhalten. Im ersten Quartal haben die Notenbanken die Finanzmärkte weiterhin mit Liquidität geflutet, was gewissermaßen zu einem monetären Surrealismus geführt hat. Dadurch sind diverse Blasen entstanden. Sobald diese gute Laune drehen sollte, wird Gold richtig an Fahrt aufnehmen.
Außerdem sollte man nicht vergessen, dass in den USA die Rezessionsgefahren deutlich höher sind, als vom Markt eingepreist. Ich bin mir aber sicher, dass die Notenbanken nicht tatenlos zusehen werden, wenn eine Rezession aufkommt. Die Zinsen werden wieder gesenkt werden, es wird eine neue Runde quantitativer Lockerungsmaßnahmen und fiskalische Stimuli geben. Und genau das ist dann der Zeitpunkt, wo Gold wieder stark an Momentum aufnehmen wird.
In Ihren Goldreports haben Sie sich immer auch mit dem Thema finanzielle Repression beschäftigt. Auf welche „Folterwerkzeuge“ müssen sich Anleger auf lange Sicht einstellen?
Als Säulen der finanziellen Repression betrachte ich einerseits die Manipulation der Zinsen nach unten – ein freier Markt würde niemals solch niedrige Zinsen zulassen. Außerdem sehe ich eine systemische Bevorzugung von Staatsanleihen. Beides wird weitergehen und die Realzinsen werden aufgrund der Schuldensituation niedrig bleiben müssen. Derzeit befinden wir uns in der Nullzinsfalle – so wird übrigens auch unser neues Buch heißen. Ich befürchte, dass wir bei der nächsten Krise Negativzinsen sowie Bargeldeinschränkungen oder ein Bargeldverbot sehen werden. Für den Bankensektor wäre dies zwar verheerend, der Goldpreis sollte davon allerdings stark profitieren.
Wie sieht Ihr mittelfristiges Kursziel für Gold aus und zu welcher Anlagestrategie raten Sie Privatanlegern konkret?
2017 könnte der Goldpreis noch auf 1.350 bis 1.400 Dollar ansteigen. Grundsätzlich sollte sich allerdings jeder Anleger über seine Motivation hinsichtlich Gold im Klaren sein. Möchte ich zum Beispiel Sicherheitsgold für den Fall massiver finanzieller Repressionen, einer Neuordnung des Währungssystems, von Hyperinflation oder eines Währungsschnitts haben, dann sollte man sukzessive Gold in physischer Form akkumulieren und dabei nicht auf die Tagespreise schauen. Bin ich hingegen eher an der Performance von Gold interessiert, kann ich auch auf Minenaktien setzen oder ein Goldinvestment via Derivate tätigen und dabei aber verstärkt auf das Timing achten. Grundsätzlich ist das Chance-Risiko-Profil von Gold durchaus positiv einzustufen. Langfristig spricht an und für sich nichts gegen Gold.
Fakten zum Goldreport „In Gold we Trust“
Internet: www.ingoldwetrust.report
Autoren: Ronald-Peter Stöferle und Mark J. Valek
Sprachen: Deutsch und Englisch
Versionen: Kompaktversion (28 Seiten), Komplettversion (179 Seiten)
Preis: Kostenlos