Goldreport 03/20: Corona-Chaos auch an den Goldmärkten
Das Virus, welches seit Monaten in China und seit Wochen in Italien grassiert, hat mittlerweile auch den europäischen Kontinent sowie die USA mit voller Wucht erwischt und die Finanzmärkte infiziert. Selbst der Goldpreis konnte sich dem globalen Verkaufsdruck zeitweise nicht entziehen.
Investoren im Panikmodus
Die Kursentwicklung an den internationalen Finanzmärkten ist aber nur ein Beleg, dass vor allem eines herrscht: ein hohes Maß an Verunsicherung. So hat zum Beispiel allein der DAX seit seinem Mitte März markierten Rekordhoch in der Spitze mehr als 40 Prozent verloren. Im Gegenzug markierte der Volatilitätsindex VDAX-NEW, der als Angstbarometer fungiert und das Risiko eines DAX-Investments bemisst, in der Spitze auf ein Rekordhoch von über 93 Prozent. Seit dem Jahreswechsel hat er sich in der Spitze mehr als versechsfacht. Das heißt: Mit Blick auf diese finanzmathematische Kennzahl löste der Corona-Virus bereits eine höhere Verunsicherung aus als die Finanzkrise 2008/2009.
Während damals das beherzte Eingreifen der Notenbanken eine Kernschmelze der globalen Finanzsysteme erfolgreich verhindert hat, bewirkten die ersten Rettungsmaßnahmen der Notenbanken und Regierungen zunächst einmal keine Beruhigung der Gemüter, weil die Verunsicherung nicht nur den Finanzsektor, sondern vor allem weite Teile der Realwirtschaft betroffen hat. Insbesondere die an einem Sonntag (15. März) verkündete Zinssenkung der US-Notenbank Fed um 100 Basispunkte verstärkte unter den Investoren die Panik. Das Motto lautete: Rette sich, wer kann. Weil aber niemand weiß, wie sich die weltweite Pandemie entwickeln und welche Folgen dies für die global vernetzte Wirtschaft haben wird, fielen die Verkäufe besonders heftig aus. Mittlerweile steigt die Anzahl der Analysten, die eine massive weltweite Rezession für wahrscheinlich halten.
Doch verunsichertes Kapital floh vor allem in Staatsanleihen bester Bonität und in Cash. Im Zuge dieser Entwicklung stürzten zum Beispiel die Renditen von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit von ihrem Jahreshoch bei 1,88 zeitweise auf ein Tief von 0,57 Prozent p.a. ab. Angesichts einer aktuellen Inflationsrate von 2,3 Prozent ist damit auch jenseits des Atlantiks mit TripleA-Staatsanleihen eine systematische Vermögensvernichtung vorprogrammiert. Noch dürftiger sehen die Renditen deutscher Bundesanleihen aus. Selbst Wertpapiere mit 30-jähriger Laufzeit haben im März zeitweise negative Nominalrenditen ausgewiesen.
Verkehrte Welt an den Goldmärkten
Beim Goldhandel gab es ebenfalls massive Verwerfungen zu beobachten. Denn wieder einmal profitierte das gelbe Edelmetall – ähnlich wie unmittelbar nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008 – zunächst nicht vom Kurssturz an den internationalen Aktienmärkten. Verantwortlich für diese scheinbar paradoxe Entwicklung waren institutionelle Investoren, die vor allem via physisch hinterlegten Gold-ETFs sowie über Futures und Optionen mit besonders viel Kapital an den Goldmärkten agieren bzw. spekulieren. Aufgrund der erratischen Verluste innerhalb der Anlageklasse Aktien waren viele große Player gezwungen, ihre Goldpositionen zu verkaufen. Entweder um Verlustlöcher zu stopfen, ihre Liquidität zu erhöhen oder ihren Nachschussverpflichtungen bei Gold-Futures durch Liquidation der Kontrakte zu entgehen.
So ging es zum Beispiel mit der gehaltenen Goldmenge des weltgrößten Gold-ETFs SPDR Gold Shares in den ersten zehn Wochen des Jahres um über 70 Tonnen nach oben, um danach in der Spitze Abflüsse in Höhe von über 55 Tonnen innerhalb von lediglich neun Handelstagen zu verzeichnen. An der wichtigsten Terminbörse für Gold-Futures (Commodity Exchange) kam unter den spekulativen Marktakteuren ebenfalls massiver Verkaufsdruck auf. Ab der zweiten Februarhälfte gab es hier per Saldo Verkäufe von fast 84.000 Futures zu beobachten, die auf dem Papier den Gegenwert von mehr als 260 Tonnen Gold entsprechen. Nur zum Vergleich: Um allein diese Menge mit Krügerrand-Unzenmünzen aufzuwiegen, wären ungefähr 8,4 Millionen Exemplare nötig gewesen. In der letzten Märzwoche drehte der Goldpreis dank diverser Rettungspakete wieder um über 150 Dollar fulminant nach oben. Fazit: Die Lage bleibt spannend und unkalkulierbar.
Kaufpanik bei Barren und Münzen im März
Bei Barren und Münzen herrschte ebenfalls Panik – insbesondere unter den Käufern von Gold und Silber. Aufgrund der von der Politik beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben wir sämtliche Filialen von pro aurum zum Schutz unserer Kunden und Mitarbeiter am 17. März geschlossen. Der Online-Handel ging zwar erst einmal weiter, allerdings unter erschwerten Bedingungen. So haben sich die Zugriffszahlen der Internetnutzer, die Bestellungen, die Mail-Anfragen vervielfacht und auch die Prämien gegenüber dem reinen Materialwert sind bei sämtlichen Edelmetallen deutlich gestiegen. Während in normalen Marktphasen bei den besonders beliebten Unzenmünzen Aufgelder zwischen drei und vier Prozent üblich sind, gab es im März Werte im zweistelligen Prozentbereich zu beobachten.
Diese für Anleger zweifellos unerfreuliche Preisentwicklung muss allerdings in folgendem Kontext gesehen werden. Bedingt durch die jüngste Krise haben sich zum Beispiel sowohl die Frachtkosten für internationale Transportkosten als auch die Refinanzierungskosten für unsere Bestände innerhalb weniger Wochen vervielfacht. Außerdem sind aufgrund der gestiegenen Volatilität des Goldpreises auch die Preise für Kurssicherungsgeschäfte (Hedging) deutlich nach oben gegangen. Robert Hartmann, Gründer und Gesellschafter von pro aurum, geht davon aus, dass sich irgendwann die erhöhten Aufgelder wieder normalisieren werden. Allerdings kann auch er nicht sagen, wo der Goldpreis dann stehen wird.
Enorme Nachfrage und Volatilität im März
Entgegen unseren sonstigen Gepflogenheiten räumen wir in unserem aktuellen März-Goldreport aufgrund der aktuellen Geschehnisse diesmal besonders viel Raum der konkreten Geschäftsentwicklung bei pro aurum und der durch den Corona-Virus ausgelösten Beeinträchtigungen beim Handel von Barren und Münzen ein. Edelmetallprofi Hartmann erklärt: „Der März erwies sich mit Abstand als turbulentester Monat in unserer fast 17-jährigen Firmengeschichte. Aufgrund von ungewöhnlichen Situationen mussten wir ungewöhnliche Maßnahmen ergreifen.“ Im März bereiteten nämlich zwei Trends sämtlichen Edelmetallhändlern große Probleme: eine förmlich explodierende Nachfrage in Kombination mit diversen Maßnahmen des Gesetzgebers zur Eindämmung der Corona-Krise.
Im Laufe des Monats haben sich die Ereignisse geradezu überschlagen und uns vor immer neue Herausforderungen gestellt. Als erstes haben wir zum Schutz der Gesundheit unserer Kunden und Mitarbeiter die Barzahlungsoption für Online-Geschäfte außer Kraft gesetzt, um lange Schlangen und das damit verbundene Infektionsrisiko in und vor unseren Filialen zu vermeiden. Am 17. März wurden dann – wie oben beschrieben – sämtliche Filialen in Deutschland geschlossen. Wichtig zu wissen: Online konnte weiterhin gehandelt werden, wenngleich die Vervielfachung der Nutzerzahlen zeitweise zu Problemen bei der Erreichbarkeit und der Geschwindigkeit unserer Website geführt hat. Diese Probleme haben unsere Techniker aber mittlerweile behoben.
Mehr Orders als bei der Finanzkrise 2008/2009
Aufgrund der enormen Nachfrage haben wir dem Abarbeiten der Auftragsflut oberste Priorität eingeräumt und deshalb einige Dienstleistungen wie zum Beispiel die Erreichbarkeit unserer Telefon-Hotline eingeschränkt, um zusätzliches Personal für das Kommissionieren der Ware zu erhalten. Auch unsere Mitarbeiter in den geschlossenen Filialen helfen – meist aus dem Home-Office – die Flut an Aufträgen und Anfragen zu bearbeiten. Nur zur besseren Einordnung der aktuellen Entwicklung: Im März hat pro aurum Umsätze verzeichnet, die rund 50 Prozent höher ausfielen als zum Höhepunkt der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009.
Wichtig zu wissen: Der Online-Kauf von Edelmetallen stellt sich um einiges aufwendiger dar, als dies bei Wertpapieren der Fall ist. Bei uns beinhaltet ein Auftrag nämlich zehn Arbeitsschritte, bis die Ware dem Logistiker übergeben werden kann. Wegen der Funktionstrennung in unserem Haus sind zehn Mitarbeiter involviert, bis ein Auftrag endgültig abgeschlossen ist. Corona-bedingt agieren mehr als die Hälfte der pro aurum-Mitarbeiter aus dem Homeoffice und die Funktionskräfte vor Ort müssen genügend Abstand zueinander halten, weshalb das Team von pro aurum derzeit im Schichtbetrieb und an den Wochenenden die immense Auftragsflut abarbeitet.
Da pro aurum Lieferfristen von über vier Wochen unbedingt vermeiden möchte und unser Wertelogistiker Prosegur (zuständig für Werttransporte über 25.000 Euro) am 20. März mitgeteilt hat, dass die Firma bis auf Weiteres keine Auslieferungen an Privatpersonen und Abholungen von Privatpersonen durchführen wird, haben wir uns schweren Herzens zum Schließen unseres Onlineshops vom 23. bis einschließlich 25. März entschlossen. Am Nachmittag des 25. März wurde diese Aussage seitens der Geschäftsleitung von Prosegur uns gegenüber relativiert und zugesagt, dass man die Zustellungen an und Abholungen von Privatkunden wieder aufnehmen werde. Das bedeutet, dass wir die mittlerweile erfolgten technischen Umstellungen unsrer IT-Systeme und des Webshops wieder rückgängig machen müssen.
Wenn der Rückbau wie geplant gelingt, werden wir ab Donnerstag, 26. März, unsere Kunden wieder mit dem Vermögensschutz Gold versorgen können. Wenn auch mit einer sehr eingeschränkten Produktpalette und maximal 500 Aufträgen, die wir pro Tag annehmen.
Hinweis in eigener Sache: Wir bitten unsere Kunden inständig, beim Online-Kauf nicht in Hektik oder gar Panik zu verfallen. Bitte füllen Sie die Order inklusive Stammdaten sorgfältig und vor allem korrekt aus, um die reibungslose Abwicklung des Auftrags zu gewährleisten. Davon würden dann sämtliche Kunden in Form einer beschleunigten Abwicklung und Auslieferung ihrer Waren profitieren. Am 26. März haben wir im Onlineshop den Edelmetallverkauf wieder aufgenommen, wenngleich sich das Angebot über weniger Gattungen erstreckt. Wir haben Ware sowohl für den kleinen als auch für den großen Geldbeutel zur Auswahl. Gegenüber den Menschen, die sich derzeit um ihre Gesundheit und ihre wirtschaftliche Existenz sorgen, gibt Robert Hartmann folgende Zusicherung ab und sagt: „Vertrauen Sie dem Marktführer pro aurum: Jeden Auftrag, den wir angenommen haben, werden wir auch erfüllen.“
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
Die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten schlugen sich im März auch in der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum nieder und haben gegenüber dem Vormonat zu einer Vervielfachung der Teilnehmerzahlen von 1.122 auf 6.958 geführt. Trotz der Achterbahnfahrt des Goldpreises überwog unter den Anlegern weiterhin die Kauflaune, allerdings hat sich die Käuferquote von 57,2 auf 54,3 Prozent leicht reduziert. Eine abwartende Haltung nahmen 40,0 Prozent (Februar: 37,8 Prozent) der Befragten ein, während sich nach wie vor eine kleine Minderheit von 5,7 Prozent (Vormonat: 5,0 Prozent) als Verkäufer „geoutet“ hat.
Angesichts der gestiegenen Corona-Ängste, dürfte ein Ergebnis kaum überraschen: Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer sieht bei den Edelmetallpreisen derzeit eine Unterbewertung. Innerhalb eines Monats kam es hier zu einem signifikanten Anstieg von 42,0 auf 54,2 Prozent. Relativ stark vertreten war aber auch die Meinung, dass Edelmetalle derzeit fair bewertet seien, wo sich die Quote von 35,8 auf 30,8 Prozent reduziert hat. Eine Überbewertung sahen im März deutlich weniger Anleger, schließlich kam es hier zu einem Rückgang von 22,2 auf 15,0 Prozent.
Befragt nach der Preisentwicklung der Edelmetalle im kommenden Quartal haben sich die Mehrheitsverhältnisse gegenüber dem Vormonat nicht wesentlich verändert. Weiterhin erwartete eine große Mehrheit von 52,2 Prozent (Februar: 47,1 Prozent) der Anleger steigende Edelmetallpreise. Leicht rückläufig war die Quote derer, die einen Seitwärtstrend prognostizierten. Hier gab es nämlich einen Rückgang von 38,9 auf 29,1 Prozent zu vermelden. Pessimistische Prognosen waren im März stärker vertreten, schließlich legte deren Anteil von 14,0 auf 18,7 Prozent zu.
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