Goldreport 04/20: Gold mit neuem Euro-Rekordhoch im April
Kaufwelle im Westen, Nachfrageflaute in Asien
Der Goldpreis scheint sich auf dem erhöhten Niveau ausgesprochen wohlzufühlen. Angesichts der Meldungen von der Konjunkturfront, sollte man sich darüber nicht zu sehr wundern. Vor allem der weltgrößten Volkswirtschaft setzt der Covid-19-Virus extrem stark zu. Nur ein Beispiel: In lediglich fünf Wochen ist die Zahl der Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe um fast 26,5 Millionen und damit um ein Vielfaches stärker als während der Finanzkrise 2008/2009 explodiert. Laut Internationalem Währungsfonds soll die globale Weltwirtschaft im laufenden Jahr um drei Prozent schrumpfen. Zur Erinnerung: Im Januar war noch ein Plus von 3,3 Prozent prognostiziert worden und im Krisenjahr 2009 belief sich das Minus auf „lediglich“ 0,1 Prozent. Angesichts solcher Horrorzahlen sollte man sich eher wundern, dass der Goldpreis mit aktuell 1.700 Dollar von seinem im Herbst 2011 markierten Dollar-Rekordhoch (1.900 Dollar) noch ein gutes Stück entfernt ist.
Beim Blick auf die Nachfrage kann man derzeit eine gewisse Zweiteilung ausmachen, wobei sich das Interesse in westlichen Industrienationen verstärkt und die Nachfrage asiatischer Käufer tendenziell abflaut. In den Jahren davor herrschte ein umgekehrtes Kräfteverhältnis. So hat sich zum Beispiel die asiatische Schmucknachfrage – bedingt durch die Pandemie – eher schwach entwickelt. Neben den erschwerten Shoppingmöglichkeiten, dämpften unter anderem die grassierenden Sorgen um die Wirtschaft des Landes und den eigenen Arbeitsplatz die Nachfrage. Robert Hartmann, Gründer und Gesellschafter von pro aurum, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Schmuck ein Luxusgut ist, welches in Krisenzeiten stets weniger nachgefragt wird. Und dies wird seiner Meinung nach auch vorerst so bleiben. Mit Blick auf Indien, das zusammen mit China als weltweit wichtigstes Abnehmerland von Goldschmuck fungiert, merkt er aber folgende Besonderheit an und sagt: „Auf dem Subkontinent gilt der meist mit einfachsten Mitteln bzw. maschinell hergestellte Schmuck mangels eines Marktes für Münzen und Barren als die Goldanlageform schlechthin. Problem dabei: Aktuell lahmt in Indien aufgrund des rekordhohen Goldpreises in Indische Rupie die Nachfrage ein wenig.“
Völlig anders sieht die Gemütslage unter Investoren dies- wie jenseits des Atlantiks aus. Hier sorgt man sich nämlich vor allem um die nachhaltige Wertbeständigkeit des Aktien- und Geldvermögens. Da das Kaufmotiv verunsicherter Anleger vor allem auf Emotionen wie Angst basiert, fungiert ein steigender Goldpreis hier weniger als Bremsfaktor, sondern manchmal sogar als Beschleuniger und zusätzliches Kaufargument.
Massive Zuflüsse im ETF-Sektor
Ein besonders starkes Interesse war im April bei physisch hinterlegtem Papiergold auszumachen. Beim weltgrößten seiner Art, dem SPDR Gold Shares, gab es zum Beispiel allein im April einen Anstieg der gehaltenen Goldmenge von 964,36 auf 1.048,31 Tonnen (plus 84,0 Tonnen) zu beobachten. Damit wurde sogar das in den Monaten Januar bis März registrierte Plus von insgesamt 71,11 Tonnen deutlich übertroffen. Aber auch Xetra-Gold, das in Europa umsatzstärkste Wertpapier mit physisch hinterlegtem Gold erfreut sich in diesem Jahr einer ausgesprochen regen Nachfrage. Dessen gehaltene Goldmenge hat sich beispielsweise seit dem Jahreswechsel von 203,2 auf über 212 Tonnen aber nicht ganz so dynamisch erhöht. Damit repräsentiert Xetra-Gold zwar einen Marktwert von über zehn Milliarden Euro, erreicht aber nicht einmal die Kapitalisierung der Deutschen Bank. Dies lässt vor allem einen Schluss zu: Deutsche Anleger dürften in Gold weiterhin eher unterinvestiert sein.
Einfluss der Terminmärkte hat nachgelassen
An den Terminmärkten hat sich die Lage im April spürbar beruhigt. Abzulesen ist dies an der Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Terminspekulanten. Noch im März gab es hier per Saldo einen Einbruch um 91.600 Kontrakte zu vermelden, was zumindest auf dem Papier einer verkauften Goldmenge von fast 285 Tonnen Gold entspräche. Im April reduzierte sich diese auf etwas mehr als 12 Tonnen. Dem Goldpreis ist diese Marktbereinigung auf Monatssicht gut bekommen, was am Kursanstieg um 100 Dollar und am auf 24 Prozent abgesunkenen CBOE-Goldvolatilitätsindex (Stand: 29. April) ablesen lässt. Zur Erinnerung: Im März kletterte diese Risikokennzahl in der Spitze auf über 50 Prozent und markierte damit den höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren. Fazit: In der aktuellen Marktphase kann man den Kauf von Gold sogar als weniger riskant einstufen als ein Investment in den marktbreiten US-Aktienindex S&P-500 (VIX bei 32,5 Prozent). Ganz zu schweigen von einem Ölinvestment, wo der Ölvolatilitätsindex im Zuge der Marktturbulenzen auf 200 Prozent explodiert ist.
Physischer Goldhandel beruhigt sich im April
Nach dem extrem turbulenten Geschäftsverlauf im März, verlief im April der Handel von Münzen und Barren bei pro aurum zumindest etwas entspannter. Dies lässt sich daran ablesen, dass wir immer seltener unseren Onlinehandel wegen des Erreichens des maximalen Orderaufkommens vorzeitig beenden mussten. Außerdem war bei den Aufgeldern eine leicht rückläufige Tendenz zu beobachten, wenngleich das Niveau vor Ausbruch der Pandemie bislang noch nicht erreicht wurde. In der zweiten Aprilhälfte haben wir in Etappen – gemäß den Vorschriften der jeweiligen Bundesländer – sämtliche Filialen von pro aurum wieder für den Publikumsverkehr geöffnet. Wer eine Filiale besuchen möchte, sollte aber folgende Besonderheiten beachten:
- Für Kunden und Mitarbeiter gilt eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes („Community-Maske“)
- Einlass in die Räumlichkeiten erhält nur eine sehr begrenzte Anzahl an Personen
- In jeder Filiale wird eine Sicherheitskraft den Kundenstrom ordnen und auf das Einhalten der Hygiene- und Abstandsregeln achten
- Keine persönliche Beratung möglich, Sie können uns aber bei Beratungsbedarf telefonisch oder per Mail kontaktieren
- Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, online einen Termin zu vereinbaren
- Vorerst wird es in den Filialen keinen direkten Altgoldankauf gegen Barauszahlung geben
- Die Produktpalette wird leicht eingeschränkt sein
Mit Blick auf den Handel im April gibt Edelmetallexperte Hartmann folgendes zu bedenken und erklärt: „An manchen Handelstagen fiel die Anzahl der Aufträge mehr als fünfmal so hoch aus wie normalerweise üblich. Dadurch verlängerte sich die Dauer, bis die Ware an unsere Kunden ausgeliefert werden konnte.“ Zur Erklärung: Ein Onlineauftrag erfordert im physischen Edelmetallhandel mehrere Schritte, die von unterschiedlichen Abteilungen zu bearbeiten sind. Angesichts der gebotenen Abstands- und Hygieneregeln musste zum Beispiel in der Kasse und in der Logistikabteilung die Personenstärke reduziert werden, was die Auftragsabwicklung zusätzlich bremste. Da gegen Ende April die Anzahl der Aufträge aber etwas zurückging, sind wir zuversichtlich, die Altorders in der den Kunden kommunizierten Zeit abwickeln zu können.
Hinweis in eigener Sache: Im Mai werden wir wieder verkaufsoffene Samstage anbieten. Welche Filiale an welchem Samstag geöffnet wird, erfahren Sie hier.
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
Starke Veränderungen gab es auch bei der Frage nach der Bewertung der Edelmetallpreise. Eine Unterbewertung sehen gegenwärtig 40,2 Prozent der Befragten, nachdem im Monat zuvor noch ein Wert von 54,2 Prozent registriert worden war. Deutlich stärker vertreten war die Ansicht, dass Edelmetalle derzeit fair bewertet seien. Gegenüber dem Vormonat hat sich die Quote von 30,8 auf 36,8 Prozent signifikant erhöht. Deutlich bergauf ging es aber auch beim Anteil der Anleger, die Edelmetallen aktuell eine Überbewertung attestieren. Hier schlug nämlich ein kräftiger Zuwachs von 15,0 auf 23,0 Prozent zu Buche.
Befragt nach der Preisentwicklung der Edelmetalle im kommenden Quartal gab es keine sonderlich starken Veränderungen gegenüber dem Vormonat zu beobachten. Nach wie vor erwartet eine große Mehrheit von 54,2 Prozent (März: 52,2 Prozent) der Befragten steigende Edelmetallpreise. Die Quote derjenigen, die einen Seitwärtstrend erwarten, tendierte von 29,1 auf 28,1 Prozent lediglich leicht nach unten. Eine ähnliche Tendenz konnte man unter den Vertretern einer pessimistischen Prognose ausmachen, wo sich ebenfalls lediglich ein leichter Rückgang von 18,7 auf 17,7 Prozent eingestellt hat.
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