Goldreport 12/19: Goldpreis mit starker Performance in 2019
Das gelbe Edelmetall feierte in den vergangenen zwölf Monaten ein starkes Comeback. Aufkommende Rezessionssorgen und insgesamt drei Leitzinssenkungen der Fed um jeweils 25 Basispunkte sorgten an den Goldmärkten für gute Laune.
Chance auf höchsten Jahresgewinn seit 2010
2019 dürfte zweifellos als sehr guter Jahrgang in die Annalen eingehen. Seit dem Jahresultimo erzielte der Goldpreis auf Dollarbasis eine Performance von bislang 18 Prozent. Ein noch höheres Plus legte er letztmals in den Krisenjahren 2009 (+23,4 Prozent) und 2010 (+29,5 Prozent). Dank der Dollarstärke tendierte das gelbe Edelmetall in Euro gerechnet mit plus 20 Prozent sogar noch deutlicher bergauf und markierte Anfang September mit 1.410 Euro sogar ein neues Rekordhoch. In den vergangenen Monaten wechselte der Goldpreis zwar in den Seitwärtsmodus, angesichts haussierender Aktienmärkte kann man dies aber durchaus als relative Stärke interpretieren.
Besonders interessant: Die deutlich stärkere Performance von DAX (+26 Prozent) und Dow (+22 Prozent) haben den Goldpreis kaum belastet. Normalerweise wird den Anlageklassen Aktien und dem Vermögensschutz Gold eine negative Korrelation attestiert. In diesem Jahr waren sowohl Aktien als auch das Edelmetall stark gefragt. Als ungewöhnlich kann man auch den Umstand betrachten, dass mit Blick auf die vom Terminbörsenbetreiber CBOE entwickelten und veröffentlichten Volatilitätsindizes auf den S&P-500 (VIX) bzw. Gold-ETFs (GVZ) der Krisenschutz Gold trotz fehlender Diversifikation als weniger riskant anzusehen ist als ein Investment in die 500 bedeutendsten US-Aktien. In den vergangenen zwölf Monaten verharrte der Gold-Volatilitätsindex nämlich meist unter seinem Pendant auf den marktbreiten S&P-500. Gegen Ende des Jahres wurde für US-Aktien ein Wert von 12,7 Prozent und für Gold mit 13,3 Prozent etwas mehr angezeigt. Ein Krisenschutz mit geringer Kursschwankungsintensität: Anlegerherz, was begehrst du mehr?
Nachfrageboom bei Notenbanken und ETFs
Stark gefragt war Gold in diesem Jahr vor allem von zwei Käufergruppen: ETF-Investoren und Notenbanken. Jüngste Zahlen des World Gold Council belegen diesen Trend. So kletterte die von ETFs gehaltene Goldmenge in den ersten elf Monaten weltweit um 384,9 Tonnen auf 2.865,7 Tonnen (+15,5 Prozent). Der Wert dieser Goldvermögen kletterte im Berichtszeitraum um 13,9 Prozent auf 134,5 Milliarden Dollar. Besonders interessant: 53 Prozent der Goldzuflüsse landeten in nordamerikanischen ETFs, während über 44 Prozent in den Tresoren europäischer ETFs floss. Dies lässt den Schluss zu, dass in diesen beiden Regionen das Schutzbedürfnis der Investoren besonders groß zu sein scheint. Xetra-Gold, Europas gewichtigster Gold-ETF, hat im Jahresverlauf bei der hinterlegten Goldmenge erstmals die Marke von 200 Tonnen überschritten (aktuell: 199,39 Tonnen).
Noch höher fielen die diesjährigen Nettokäufe diverser Notenbanken aus. Für die ersten zehn Monate meldete nämlich der WGC Käufe im Volumen von insgesamt 562 Tonnen. Damit haben sich die Goldbestände der „Währungshüter“ laut Statistik auf über 34.500 Tonnen erhöht. Dies entsprach gegenüber März 2009, als die globalen Finanzsysteme vor dem Zusammenbruch standen, einer Steigerung um 15 Prozent. Wenn sowohl Notenbanker (Geldexperten) als auch institutionelle Investoren (Smart Money), die vor allem auf ETFs setzen, Goldinvestments in Milliardenhöhe tätigen, sollten „normalsterbliche“ Anleger ebenfalls einen Teil ihres Geldvermögens in den Vermögensschutz Gold tauschen. In unsicheren Zeiten stellt dies ein wirksames Beruhigungsmittel für verunsicherte Investoren dar.
Robert Hartmann zieht Bilanz
Robert Hartmann, Gründer und Gesellschafter von pro aurum, stuft das Jahr 2019 als „außergewöhnliches und sehr herausforderndes Jahr für den Edelmetallhandel“ ein. Bis Juni lief das Geschäft zwar ähnlich wie in den Vorjahren, danach setzte aber unter den Kunden eine recht massive Welle von Verkäufen ein, die sich bis September im großen Stil von Ihren Münzen und Barren trennten. Hierfür war nach Ansicht des Edelmetallprofis vor allem der steile Anstieg des Goldpreises verantwortlich, der innerhalb weniger Wochen um 15 Prozent zulegte und auf Eurobasis sogar ein neues Allzeithoch erzielte. Im Zuge der seit Oktober zu beobachtenden Korrektur, welche das gelbe Edelmetall in der Spitze um über sechs Prozent verbilligte, dominierten dann wieder die Käufer das Marktgeschehen.
In den vergangenen beiden Monaten standen bei pro aurum 97 von 100 Kunden auf der Käuferseite. In Kundengesprächen wurde oft thematisiert, dass die Menschen keine Strafzinsen bei Banken zahlen möchten und werden. Darüber hinaus suchen die Anleger nach alternativen Investments, da die Aktien- und Immobilienpreise als sehr teuer wahrgenommen werden. Zu guter Letzt haben Bundesbürger aber auch wegen der ab 1. Januar 2020 greifenden Absenkung der Grenze für anonyme Schaltergeschäfte auf 2.000 Euro kräftig eingekauft. Edelmetallexperte Hartmann konstatierte: „Diese Gemengelage führte zu den höchsten Umsätzen seit der Finanzkrise in den Jahren 2008 bis 2010. Zeitweise waren einige Artikel sogar ausverkauft. Wir konnten unsere Kunden aber stets gleichwertige Alternativen anbieten.“ Beeindruckt war Robert Hartmann aber auch vom Comeback der Silbernachfrage. Im Vergleich zu den vergangenen vier Jahren hätten sich diese auf Jahressicht ungefähr verdreifacht.
Rückenwind dank Handelskrieg und Brexit-Chaos
Mittlerweile „bekriegen“ sich die USA und China seit 17 Monaten mit Sonderzöllen – nicht ohne Folgen. Vor allem stark exportorientierte Volkswirtschaften wie China oder Deutschland haben seither erhebliche Wachstumseinbußen erlitten. In Deutschland lag das jährliche BIP-Wachstum im zweiten und dritten Quartal 2019 bei lediglich 0,3 bzw. 0,5 Prozent, nachdem im vierten Quartal 2017 noch Werte über drei Prozent gemeldet wurden. Zugleich kletterten die Inflationsraten in China (4,5 Prozent p.a.) und den USA (2,1 Prozent p.a.) auf den höchsten Wert seit Januar 2012 bzw. November 2018. Im Dezember haben sich die Perspektiven der Weltwirtschaft dank der Entspannung zwischen China und den USA und nach dem Wahlsieg von Boris Johnson zwar wieder aufgehellt, für eine generelle Entwarnung scheint die Zeit aber noch nicht reif zu sein.
Robert Hartmann gibt sich ebenfalls skeptisch und sagt: „Die Aktienmärkte tun so, als gäbe es keinen Handelsstreit oder Brexit-Sorgen. Hier sehe ich im kommenden Jahr latente Rückschlaggefahren.“ Über die künftige Richtung der Zinsen werden seiner Meinung nach in erster Linie die Notenbanken entscheiden. Er sagt: „Mich würde es aber nicht überraschen, wenn wir hier auch in den nächsten Jahren extrem niedrige Zinsen sehen werden.“ Ob die Stärke des US-Dollars anhalten wird, dürfte für Edelmetallanleger ebenfalls eine spannende Frage bleiben. Hartmann kann sich gut vorstellen, dass sich der Euro in Richtung 1,20 Dollar verteuern wird. Er zieht folgendes Fazit und sagt: „Am Ende muss man aber nur wissen, dass seit dem Jahr 2000 praktisch alle Anlageklassen gegen das Gold abgewertet haben. Egal ob Aktien, Immobilien oder Anleihen – und dieser Trend ist für mein Dafürhalten noch nicht beendet.“
Kaufrausch zum Jahreswechsel
Der Dezember erwies sich aus den oben genannten Gründen als der mit Abstand aktivste Monat des Jahres. Bei vielen Banken und anderen Edelmetallhändlern waren die Bestände ausverkauft. Dadurch haben noch mehr Kunden den Weg zu pro aurum gefunden als sonst. Auch das Onlinegeschäft ist im Dezember rapide gewachsen. Es handelt sich also nicht nur um Kunden, die wegen der Absenkung der Bargeldgrenze kommen. Robert Hartmann erklärt: „Es hat sich ausgezahlt, dass wir hervorragende Kontakte zu Produzenten auf der ganzen Welt haben. Diese haben uns bestens versorgt, sonst wären auch bei uns die Läden heruntergeklappt worden.“ Überdurchschnittliche Wartezeiten von in der Spitze mehr als einer Stunde ließen sich aber auch bei pro aurum an manchen Tagen nicht vermeiden. Die meisten unserer Kunden haben sich aber sehr professionell verhalten und die Wartezeiten geduldig ertragen – herzlichen Dank dafür.
Im letzten Monat des Jahres gab es bei Unzenmünzen Gold (alle Gattungen) und Goldbarren ab 50 Gramm besonders starke Umsätze zu vermelden. Bei Silber stürzten sich die Anleger wie gewohnt auf die Unzenmünzen „Maple Leaf“, „Krügerrand“ und „Känguru“. Edelmetallexperte Hartmann empfiehlt angesichts der jüngsten Entwicklung eher dann zu kaufen, wenn es ruhig ist und nicht, wenn sich Schlangen bei den Edelmetallhändlern bilden. Außerdem sollte man sich auf gängige Einheiten mit möglichst geringem Aufgeld auf den reinen Goldwert konzentrieren – gemeint ist der Krügerrand, Maple Leaf, Philharmoniker & Co. oder Barren ab einer Gewichtseinheit von einer Unze. Sinn macht aufgrund des so genannten Cost-Average-Effekts auch der regelmäßige Kauf von Gold. Bei hohen Investitionssummen bietet sich zudem das Aufteilen in mehrere Tranchen an. Seit Jahren sieht pro aurum die optimale Edelmetallquote bei 15 Prozent, wobei Privatanleger eine Relation von 80 Prozent Gold und 20 Prozent Silber anstreben sollten.
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
Im Dezember haben 915 Anleger an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum teilgenommen (Vormonat: 1.074). Obwohl der Goldpreis deutlich bergauf tendierte, hat sich das Kaufinteresse der Anleger kräftig verstärkt. Nach 48,3 Prozent im November ist der Anteil der Kaufwilligen im letzten Monat des Jahres auf 59,7 Prozent angestiegen. Markant reduziert hat sich indes die Quote derer, die erst einmal abwarten wollen. Hier war ein signifikanter Rückgang von 46,9 auf 35,4 Prozent registriert worden. Nahezu unverändert blieb im Dezember mit 4,9 Prozent (Vormonat: 4,8 Prozent) der Anteil der Verkaufswilligen.
Eine klare Mehrheit der Befragten sieht bei den Edelmetallpreisen weiterhin eine Unterbewertung. Allerdings ist die Quote gegenüber dem Vormonat von 49,8 auf 42,8 Prozent gesunken. Zur Erinnerung: Im Oktober lag dieser Wert noch bei 66,2 Prozent. 35,1 Prozent (November: 35,0 Prozent) stufen Edelmetalle derzeit als fair bewertet ein, während 22,1 Prozent (Vormonat: 15,2 Prozent) der Umfrageteilnehmer eine Überbewertung sehen.
Bei der Einschätzung der Preisperspektiven der Edelmetalle für das kommende Quartal waren im Dezember zwei Meinungen besonders stark verbreitet. Erstens: 43,3 Prozent der Befragten rechnen bei Gold & Co. (November: 43,5 Prozent) mit seitwärts tendierenden Notierungen. Zweitens: Steigende Edelmetallpreise prognostizieren hingegen 42,8 Prozent der Umfrageteilnehmer, nachdem im Monat zuvor hier lediglich eine Quote von 35,2 Prozent gemeldet worden war. Ganz klar in der Unterzahl befinden sich derzeit die Pessimisten. Hier sank die Quote innerhalb eines Monats von 21,2 auf 13,9 Prozent.
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