Krisenängste haben an den Goldmärkten derzeit wahrlich keine Hochsaison. Saisonale Effekte könnten aber demnächst das Kommando übernehmen. In den vergangenen acht Jahren gelang dem gelben Edelmetall im Wonnemonat Mai lediglich zweimal eine positive Performance. Sechsmal gab es hingegen Monatsverluste von in der Spitze über sechs Prozent zu beklagen – getreu dem Motto „Sell in May and go away“.
Viel Gold fließt von West nach Ost
Grundsätzlich kann man dem Goldpreis derzeit dennoch ein hohes Maß an relativer Stärke attestieren, schließlich blieb der altbewährte Vermögensschutz trotz freundlicher Aktienmärkte und trotz der markanten Dollarstärke von einer größeren Verkaufswelle verschont. Während der Dollarindex, der die US-Währung mit sechs anderen wichtigen Währungen vergleicht, im April zeitweise auf den höchsten Wert seit rund zwei Jahren geklettert war, rutschte der Goldpreis im Tief lediglich auf ein Viermonatstief ab.
Anfang des Monats wies der auf Edelmetallinvestments spezialisierte Vermögensmanager Sprott darauf hin, dass es bei globalen Goldinvestments große Unterschiede zwischen Investoren in westlichen Industrienationen und Anlegern aus Asien gibt. Auf Basis der Daten der Researchgesellschaft Meridian Macro habe sich nämlich in den Jahren 2010 bis 2018 an der US-Terminbörse Commodity Exchange das Handelsvolumen bei Gold-Futures von 44,7 Millionen auf 80,3 Millionen Kontrakte (+80 Prozent) erhöht. Die dabei gehandelte Goldmenge kletterte im selben Zeitraum von 139.000 auf 250.000 Tonnen. Damit wird alleine an der Futuresbörse Comex 75 mal mehr Gold transferiert, als weltweit in den Minen gefördert wird. Wichtig zu wissen: Im Jahr 2018 wurden lediglich 79 Tonnen also 0,03 Prozent der Futures bei Fälligkeit ausgeübt und in physisches Gold umgewandelt. An der Shanghai Gold Exchange wird Gold vor allem in physischer Form gehandelt. Dort wurden im vergangenen Jahr 2.055 Tonnen Gold (2010: 837 Tonnen) bezogen. Zusammen mit den ebenfalls aufgeführten indischen Goldimporten im Volumen von 782 Tonnen übertreffen diese beiden besonders goldaffinen Regionen die Comex-Daten um den 36-fachen Wert. Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass im Falle einer systemischen Krise der Finanzsysteme die Comex massive Probleme bekommen dürfte. Dann dürften nämlich bei Gold-Futures sämtliche Zahlungs- und Lieferversprechen kritisch hinterfragt und der Bezug von physischem Gold bevorzugt werden.
Robert Hartmann, Gründer und Gesellschafter von pro aurum, räumt der Londoner Goldbörse und der Comex in New York eine wichtige Rolle bei der Preisfindung ein, wobei 99,8% dieser Transaktionen von spekulativer Natur sei. Das sei in Asien ganz anders. Er sagt: „An der Goldbörse in Shanghai werden die Transaktionen physisch gesettled. Man kann also mit Fug und Recht behaupten: Im Westen wird spekuliert und im Osten wird investiert!“
Ein Risiko namens „Target-2“
In Deutschland kochte im April wieder einmal ein anderes Thema hoch, was an den Goldmärkten seit Jahren heiß diskutiert wird: die Target-2-Forderungen der Deutschen Bundesbank. Diese kletterten im März mit 941 Milliarden Euro auf den zweithöchsten jemals gemessenen Wert. Vor der Finanzkrise (2008) haben andere Euro-Notenbanken weniger als 100 Milliarden bei der Bundesbank „angeschrieben“. Wichtig zu wissen: Target-2 fungiert als System zur grenzüberschreitenden Abwicklung von Zahlungen im Euroraum zwischen den Notenbanken. Als größte Target-Schuldner der Bundesbank gelten die italienische und die spanische Notenbank. Allein die italienische Zentralbank hat gegenüber der Bundesbank derzeit Verbindlichkeiten von über 400 Milliarden Euro. Vereinfacht ausgedrückt lässt sich sagen, dass der Target-Saldo verstärkt ins Minus rutscht, wenn aus den Ländern mehr Geld ab- als zufließt. Notenbanken nannten als Grund für den starken Anstieg des deutschen Target-2-Saldos das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) während der vergangenen vier Jahre.
Einige Ökonomen bestreiten, dass sich für die Deutsche Bundesbank aus den großen Target-2-Ungleichgewichten im Euroraum ein finanzielles Risiko ergibt. Diverse Kritiker befürchten jedoch hohe Haftungsrisiken sowie erhebliches Erpressungspotenzial. Laut Deutscher Bundesbank bestünde kein Risiko, solange die Schuldnerländer nicht den Euroraum verlassen. Angesichts der wenig soliden Schuldenpolitik der italienischen Regierung und des weiterhin drohenden ungeordneten Brexit sollten verantwortungsbewusste Anleger ein solches Risiko aber nicht gänzlich ausschließen. Im Deutschen Bundestag hat die AfD-Fraktion im April gefordert, von den „Gläubigerländern Sicherheiten einfordern“. In einer Pressemitteilung wurde das Problem folgendermaßen beschrieben: „Über das Target-2-System finanziert Deutschland nicht nur die Exporte seiner Unternehmen in diese Länder selbst, sondern trägt auch die Risiken des Anleihekaufprogramms der EZB und der Kapitalflucht aus dem Süden, die diese Salden aufblähen.“
Edelmetallexperte Hartmann stuft die Target-2-Forderungen ebenfalls als problematisch ein und meint: „Ich bin kein studierter Volkswirt, aber der Verdacht liegt schon nahe, dass es sich beim Target-2-System in Wahrheit um eine Art weiteren Rettungsschirm für einige EU-Länder handelt. Die Salden werden mit dem Hauptrefinanzierungssatz des EZB-Systems verzinst, der ja bekanntlich seit geraumer Zeit bei null Prozent liegt.“ Damit hätten Spanien Italien & Co über Target-2 die Möglichkeit, sich zinslos Geld zu besorgen, wobei mögliche Risiken dabei komplett ausgeblendet würden. Hartmann zieht deshalb folgendes Fazit und sagt: „Sollten die Target-2-Forderungen Deutschlands in Höhe von aktuell knapp einer Billion Euro eines Tages als uneinbringlich angesehen werden, würde das in die Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank einfließen – und somit am Ende den deutschen Steuerzahler belasten. Das ist angesichts der Höhe kein schöner Gedanke.“
Über den schleichenden Wertverfall des Dollars
Dass Geld in den vergangenen Jahrzehnten massiv an Wert verloren hat, lässt sich unter Berücksichtigung der Inflation sehr schön veranschaulichen. Obwohl es sich dabei um eine systematische Geldentwertung handelt, wird in der Presse lieber von der sich weniger negativ klingenden Inflation gesprochen. Wie stark der Dollar auf lange Sicht entwertet wurde bzw. an Kaufkraft verloren hat, kann man auf der Website dollartimes.com erfahren. Um über die identische Kaufkraft von 20 US-Dollar des Jahres 1932 zu verfügen, müsste man heute mehr als 344 US-Dollar besitzen. Das Ausmaß dieser massiven Geldentwertung bringt der nachfolgend aufgeführte Chart zum Ausdruck. Dieser sieht aufgrund des Aufwärtstrends auf den ersten Blick zwar positiv aus, sollte aber aufgrund des dadurch angezeigten Kaufkraftverlusts Anleger daran erinnern, dass man auf lange Sicht mit Gold höchstwahrscheinlich einen wirksameren Inflationsschutz betreiben kann als mit Geld.
Schleppender Goldhandel im April
Im April hat sich bei pro aurum der Handel weiter beruhigt und verlief recht schleppend. Dies lag unter anderem an der geringen Volatilität des Goldpreises. Die Börsen in den USA peilen wieder einmal Rekordstände an (S&P, Nasdaq), was sicherlich nicht förderlich für die Goldnachfrage ist. Vor einem Monat wies Robert Hartmann darauf hin, dass er nicht kaufe, da ihm damals die Preise etwas zu hoch erschienen. Unter 1.130 Euro pro Feinunze könnte seiner Meinung nach mittel- bis langfristig gesehen ein vernünftiges Einstandsniveau sein. Für ihn seien dies Kaufkurse – und sollte der Preis weiter in Richtung 1.100 Euro pro Feinunze fallen, stellte er weitere Zukäufe in Aussicht.
Hinweis in eigener Sache:
Der nächste verkaufsoffene Samstag findet am 11. Mai m Münchner „Goldhaus“ von pro aurum statt (9.00 bis 14.00 Uhr). Außerdem können Interessierte um 10.00 Uhr an einer Führung durch die Münchner Firmenzentrale teilnehmen. Anschließend hält Filialleiter Jürgen Birner noch einen 90-minütigen Vortrag zum Thema „Vermögens(ver)sicherung mit GOLD und SILBER“ (11.00 Uhr). Beide Veranstaltungen sind kostenlos – hier können Sie sich detailliert informieren und anmelden. Bereits am ersten Mai-Wochenende (3. bis 5. Mai) können Sie Mitarbeiter von pro aurum – nur wenige Gehminuten vom „Goldhaus“ entfernt – auf dem Messegelände München antreffen. Dort findet nämlich von 10.00 bis 17.00 Uhr Deutschlands größte 50plus Messe („Die 66“) statt. Freikarten für pro aurum-Kunden sind bei unseren Beratern im „Goldhaus“ erhältlich. Der pro aurum Messestand befindet sich in Halle A5 (Standnummer 102). Einen Vortrag von Herrn Birner zum Thema „Vermögenssicherung mit Gold“ können Sie am Samstag (4. Mai) um 11:15 Uhr in Halle A6 im Konferenzraum Wissen 1 besuchen.
Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum
Im April haben rund 2.400 Anleger (März: 3.000) an der Edelmetall-Stimmungsumfrage von pro aurum teilgenommen. Gegenüber dem Vormonat hat sich der Anteil der Kaufwilligen von 49,0 auf 45,3 Prozent signifikant reduziert. Die Quote der Anleger, die eine abwartende Haltung einnehmen, hat sich somit von 51,0 auf 54,7 Prozent erhöht.
Dies hat sich auch bei der Frage nach der Bewertung des aktuellen Preisniveaus niedergeschlagen. So stuft zum Beispiel weiterhin eine Mehrheit der Befragten Edelmetalle als unterbewertet ein, ihr Anteil hat sich im Berichtszeitraum allerdings von 76,1 auf 72,0 Prozent spürbar reduziert. Etwas zugenommen hat die Ansicht, dass Edelmetalle aktuell „fair“ bewertet seien. Hier war nämlich ein leichter Zuwachs von 13,0 auf 15,0 Prozent registriert worden. Dass Edelmetallpreise gegenwärtig überbewertet sind, sehen 13,0 Prozent der Befragten. Im Monat zuvor hatten lediglich 10,9 Prozent diese Meinung vertreten.
Hinsichtlich der Preisperspektiven der Edelmetalle für das kommende Quartal hat der Optimismus der Anleger im April leicht gelitten. Nachdem im Vormonat noch ein Wert von 53,0 Prozent gemeldet worden war, rechnet mittlerweile eine knappe Mehrheit von 50,5 Prozent der Umfrageteilnehmer mit steigenden Edelmetallpreisen. Einen Seitwärtstrend prognostizieren hingegen 36,1 Prozent (Vormonat: 35,8 Prozent) der Anleger. Am geringsten ist weiterhin die Ansicht vertreten, dass die Edelmetallpreise fallen werden, schließlich kam es hier im Berichtszeitraum lediglich zu einem überschaubaren Zuwachs von 12,9 auf 14,4 Prozent.
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