Negativzinsen auf dem flachen Land: Traditionsreicher Sparclub löst sich auf
In den vergangenen Jahren hatte der Sparclub Neuwerk im schleswig-holsteinischen Rendsburg einiges zu feiern: “Treue zum Sparclub Rendsburg-Neuwerk zahlt sich aus” hieß es in einem Presseartikel aus dem Jahr 2018. “Sparclub Neuwerk lässt es krachen” vermeldete die Lokalpresse im Jahr 2012. Die Schlagzeilen im vergangenen Jahr fallen dagegen aus dem Rahmen: “Sparclub Neuwerk hat sich nach 95 Jahren aufgelöst”, berichtet die “Schleswig-Holsteinische Landeszeitung“.
Die Begründung für die Auflösung der traditionsreichen Sparervereinigung hat es in sich: Der Sparclub mit rund 1.700 Mitgliedern und einer Sparsumme von rund einer Million Euro im Vorjahr sollte erstmals Minuszinsen auf die Spareinlagen zahlen. Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass offenbar auch im Nullzinszeitalter viele Menschen in der ländlichen Region ihr Geld weiterhin einem Sparclub anvertrauen wollen, allerdings finden sich zu wenige aktive Mithelfer.
Sparkasse: Raus aus dem Sparbuch, rein in Aktien
Zwar stellte die Sparkasse kurz nach dem Pressebericht klar, dass auf Strafzinsen für die Einlagen des Sparclubs im Jahr 2020 verzichtet werde, allerdings müssten Privatkunden mit Sparguthaben auf Tagesgeld und Girokonto künftig einen Abzug von einem halben Prozent der Einlagen pro Jahr hinnehmen. Ein Sprecher erklärte gegenüber der „Landeszeitung“, dass die betroffenen Kunden in den nächsten Tagen entsprechende Post bekämen. Man werde mit ihnen erörtern, „ob es sinnvoll sei, das gilt etwa in Fonds oder Wertpapiere anzulegen.“
Die Meldung aus Norddeutschland, die wohl normalerweise als Randnotiz zur Kenntnis genommen wird, macht eindrucksvoll die Auswirkungen der Zinspolitik der europäischen Zentralbank deutlich. Bislang wurde stets betont, dass Strafzinsen lediglich auf große Guthaben fällig werden könnten. In den letzten Monaten haben jedoch immer mehr Banken von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Grenze, ab der Negativzinsen berechnet werden, immer weiter gesenkt. Das nun wohl auch Sparvereine, die in Summe oberhalb dieser Grenze liegen, für ihre Treue zur örtlichen Bank bestraft werden könnten, dürfte die Sorge vor einer schleichenden Enteignung der Sparer in Deutschland weiter befeuern.
Vielfältige Belastungen für Sparer
Bereits jetzt werden Sparer in Deutschland vielfältig belastet. Bei einer Inflation zwischen einem und zwei Prozent auf der einen Seite sowie null Zinsen auf der anderen Seite verliert das Sparguthaben der Deutschen stetig an Wert. Daneben haben die Geldhäuser in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Kreativität an den Tag gelegt, wenn es darum ging, zusätzliche Gebühren einzuführen. So wurden vielerorts Bargeldabhebungen bepreist und die Grundgebühren erhöht. Gleichzeitig ziehen sich die Banken aus der Fläche zurück und schließen Filialen oder gehen Kooperationen mit Konkurrenzunternehmen ein, so beispielsweise in Hessen: Dort haben Volksbanken und Sparkassen eine erste gemeinsame Filiale eröffnet.
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