Über viele Jahre hinweg war die Rangfolge in der Welt der Edelmetalle klar festgelegt: Gold war die unangefochtene Nummer eins, gefolgt von Silber als wichtigstem Weißmetall. Platin und Palladium wurden unter „ferner liefen“ genannt, allerdings galt Platin wegen seines hohen Preises als Luxus-Variante von Gold. Dies hat sich in den vergangenen Jahren allerdings massivgeändert: Platin musste massive Wertverluste einstecken und ist bis zum Jahr 2019 vom teuersten der vier Edelmetalle auf Platz drei abgerutscht, während ausgerechnet das Exoten-Metall Palladium sogar Gold übertrumpft hat. In der ersten Jahreshälfte wurde der Höhenflug von Palladium allerdings gestoppt – und viele Anleger entdecken Platin als Anlage-Alternative. Doch welche Chancen bietet das weiße Metall überhaupt?
Nachfrage: Angebotsüberhang nimmt stetig ab
Der Platinpreis hat in den vergangenen Jahren vor allem unter der nachlassenden Nachfrage der Automobilindustrie gelitten. Ein Wechsel hin zu dem (lange Zeit günstigeren) Palladium sowie der Diesel-Abgasskandal haben dazu geführt, dass Platin bis zum Jahr 2018 deutlich hinter Palladium zurückgefallen war. Nach einem lang anhaltenden Angebotsdefizit ist seit Jahren mehr Platin auf dem Weltmarkt vorhanden als nötig: Nach Zahlen des World Platinum Investment Council (WPIC) ist die Nachfrage von 8,5 Millionen Unzen im Jahr 2013 auf 7,5 Millionen Unzen im Jahr 2018 zurückgegangen. Und der WPIC schätzt, dass der globale Platinmarkt zumindest im Herbst 2018 noch um etwa eine halbe Million Unzen überversorgt war.
Für Anleger ist besonders wichtig, dass die Überversorgung nach Zahlen des WPIC allerdings bereits massiv abgenommen hat und weiter abnehmen wird. Der WPIC ging von einem Angebotsüberschuss von 505.000 Unzen für 2018 aus, im Jahr 2019 sollte der Überschuss um etwa zehn Prozent auf 455.000 Unzen zurückgehen. Der WPIC geht von einer steigenden Nachfrage aus, welche auch künftig die Überschüsse reduzieren soll. Die Prognose des WPIC für 2019 zeigt, dass die weltweite Nachfrage nach Platin um etwa fünf Prozent auf 7,74 Millionen Unzen steigen wird – insbesondere resultiert dieser deutliche Anstieg aus der Nachfrage seitens Investoren, während die Nachfrage in den Segmenten Automobil, Schmuck und Industrie leicht zurückgehen dürfte.
Wie der World Platinum Investment Council (WPIC) prognostiziert, soll der Gesamtumfang des Platins, welches von Investoren nachgefragt wird, im Jahr 2019 auf 530.000 Unzen steigen, insbesondere aufgrund des starken Wachstums der ETF-Bestände. Zudem bleibt die Nachfrage nach Münzen und Barren auf hohem Niveau. Nicht nur in den westlichen Märkten, insbesondere in Südafrika (dem Heimatland eines Großteils der Platinvorkommen) herrscht ein regelrechter Platin-Boom. Nachdem der Dieselskandal insbesondere die Automobilnation Deutschland ins Herz getroffen hat, ist nach einem Rückgang der Verkäufe von Dieselfahrzeugen inzwischen wieder ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Bereits im Januar wurden erstmals seit Ausbruch der Dieselkrise wieder steigende Diesel-Zulassungszahlen vom Kraftfahrtbundesamt gemeldet.
Als einer der Nachfragetreiber für Platin wird unter anderem die indische Autoindustrie genannt – denn das Land hat viel Nachholbedarf im Hinblick auf die Motorisierung und hat traditionell einen hohen Diesel-Anteil, während in anderen Boom-Märkten wie China fast ausschließlich auf Benzin gesetzt wird. Nach Schätzungen des Technologiekonzerns Heraeus wird die jährliche Nachfrage der indischen Autoindustrie nach Platin um fast 200.000 Unzen bis zum Jahr 2025 zunehmen. Insbesondere wegen des indischen Marktes soll die Nachfrage nach Platin seitens der Automobilbranche voraussichtlich weit langsamer als 2018 steigen. „Der geringere Rückgang ist zum Teil auf eine Stabilisierung der Nachfrage in Südostasien zurückzuführen sowie auf leichte Diesel-Autokatalysatoren in Indien“, resümiert der WPIC.
Indien trägt mit einem weiteren Wirtschaftszweig massiv zur Platin-Nachfrage bei: Der Umsatz mit Platinschmuck in Indien ist nach Angaben des World Platinum Investment Council (WPIC) im Jahr 2018 im zweistelligen Bereich gewachsen und für 2019 wird ebenfalls mit steigenden Nachfragewerten gerechnet. Platin wird verstärkt bei traditionellen Festen wie „Akshaya Tritiya“, dem jährlichen Frühlingsfest der Hindus und Jains, als Geschenk überreicht. „Insbesondere junge Konsumenten wählen vor allem im Hochzeitssegment bevorzugt Platin als Edelmetall ihrer Wahl.“ Laut der Platinum Guild International (PGI) erfreut sich Herrenschmuck aus Platin ebenfalls wachsender Beliebtheit.
Einsatzmöglichkeiten
In den vergangenen Jahren hat sich die Wasserstoffwirtschaft zu einem zunehmend wichtigen Abnehmer für Platin entwickelt: Für die so genannte Protonen-Austausch-Membrantechnik (PEM) werden sowohl Iridium- als auch Platin-Katalysatoren benötigt, der Markt wächst seit Jahren und Wasserstoff gilt als einer der zukunftsträchtigen Speichermedien für Energie.
Förderländer
Platin gilt im Vergleich zu Gold als äußerst knappes Edelmetall, welches bislang nur an wenigen Orten auf der Welt gefördert werden konnte. Nach Zahlen des World Platinum Investment Council (WPIC) kommen etwa 2/3 der weltweit geförderten Platin-Mengen aus Südafrika, das restliche Drittel teilt sich auf Russland, Simbabwe und Nordamerika auf. Etwa ein Viertel des weltweit gehandelten Platins stammt aus Recycling, insbesondere aus Autokatalysatoren sowie Schmuck.
Wertentwicklung: Platin hat nach Stabilisierung noch viel Luft nach oben
Kaum ein Edelmetall hat eine derartige Achterbahnfahrt hinter sich wie Platin – dies wird besonders deutlich im Vergleich der Höchst- und Tiefstände der vergangenen zehn Jahre: Im November 2009 begann eine steile Aufwärtsbewegung, welche das weiße Metall innerhalb von nur sechs Monaten von rund 900 auf knapp unter 1.400 Euro pro Feinunze katapultierte.
Sein Wertpotenzial hat Platin vor allem im ersten Quartal des Jahres 2013 eindrucksvoll bewiesen: Während sich der Goldpreis noch für neue Höchststände warmlief, ist die Edelmetallhausse auf den Platinmarkt bereits mit voller Wucht zurückgekehrt: Der Platinpreis hat ein 17-Monats-Hoch markiert und den Goldpreis bereits überholt, im ersten Quartal 2013 ist der Platinpreis um etwa zehn Prozent gestiegen und hat damit sowohl Gold als auch Silber überflügelt. Hierfür sind vor allem gesunkene Fördermengen und die anhaltende Hoffnung auf eine höhere Nachfrage in der Industrie verantwortlich. Im Jahr 2012 hatte Platin um 15 Prozent zugelegt. Dafür waren allerdings nicht nur erfreuliche Gründe verantwortlich: Im September 2012 kam es zu einem breit angelegten Streik von Bergarbeitern in Südafrika. Ihre Forderungen: bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn. Die blanken Zahlen des Streiks zeigen, wie ernst der Arbeitskampf war: Allein in der Marikana-Mine erschienen nur sechs Prozent der 28.000 Arbeiter zur Arbeit.
Bis Februar 2013 folgte eine Phase, in der Platin zwischen 1.350 und 1.200 Euro pro Feinunze hin- und hersprang – und seitdem ging es, mit kurzfristigen Comebacks, nach Süden: Bis August 2018 befand sich Platin in einem mittelfristigen Abwärtstrendkanal, welcher eine Unterstützung nach der anderen durchbrochen hatte und bei 672 Euro pro Feinunze ein Tief markierte. Seitdem geht es auf Euro-Basis wieder nach oben, seit dem Tief am 5. September 2018 hat Platin in nur sieben Monaten einen Wertzuwachs von 19 Prozent erzielt.
Die Wertentwicklung in US-Dollar verlief ähnlich, allerdings mit einem leichten zeitlichen Versatz: Ein Hoch wurde im Jahr 2011 mit 1.909 US-Dollar erreicht, danach ging es für fünf Jahre mit kurzfristigen Ausschlägen durchweg nach unten auf bis zu 768 US-Dollar. Im Mai 2019 stand Platin nur knapp darüber bei rund 860 US-Dollar.
Durch die mehrjährige Schwächephase bei Platin hat sich in den vergangenen Jahren auch das Gold-Platin-Ratio deutlich verschoben, allerdings ist seit Jahresbeginn eine klare Gegenbewegung zu beobachten: Seit Mitte 2013 ist das Gold-Platin-Ratio, also das Preisverhältnis zwischen einer Unze Gold und einer Unze Platin, von einem Wert um 0,9 auf über 1,6 zu Beginn des Jahres 2019 angestiegen, im Klartext: Für eine Unze Gold bekam man im Januar 2019 zwischenzeitlich 1,6 Unzen Platin. Zwischen 2013 und 2015 lag das Verhältnis dagegen noch unterhalb der Marke von 1, Platin war also teurer als Gold. Im Mai 2019 pendelte der Indikator um einen Wert von 1,45 mit abnehmender Tendenz. Auch das Verhältnis zu Palladium hat sich in den vergangenen zehn Jahren massiv verschoben, in erster Linie wegen der Hausse bei Palladium: Bekam man im Jahr 2009 noch etwa 5 Unzen Palladium für eine Unze Platin, so steht das Platin-Palladium-Ratio im Mai 2019 bei 0,65. Denn Palladium ist inzwischen deutlich teurer als Platin und im Mai 2019 hätten Anleger für eine Unze Palladium etwa 1,3 Unzen Platin bekommen. Viele Marktbeobachter schließen sowohl aus dem Gold-Platin-Ratio als auch aus dem Platin-Palladium-Ratio eine massive Unterbewertung von Platin.
Volatilität: starke Nerven sind unverzichtbar
Wer sein Geld in Platin anlegen möchte, braucht definitiv starke Nerven – denn Platin gehört zu den Edelmetallen, deren Weltmarktpreis starken Schwankungen unterworfen ist. Grund hierfür ist die häufige und kurzfristige Änderung der Nachfrage sowie des Angebots auf dem Platinmarkt. Zudem hat die vergleichsweise geringe Größe des Platinmarkts massive Auswirkungen auf die Preisentwicklung: Im Jahr 2017 existierten Branchenschätzungen zufolge rund 2,2 Millionen Unzen auf der Welt, welche damals einen Marktwert von etwa 1,9 Milliarden US-Dollar hatten. Zum Vergleich: Das weltweit geförderte Gold hatte zu dieser Zeit einen Gegenwert von etwa 7,3 Billionen US-Dollar und das weltweit geförderte Silber war immerhin rund 3,5 Milliarden US-Dollar wert. Im Klartext: Der Platinmarkt macht nur einen Bruchteil des Volumens des Gold- oder Silbermarktes aus.
Investment-Möglichkeiten: Die Mehrwertsteuer völlig legal umschiffen
Die meisten Edelmetallanleger haben trotz der massiven Wertzuwächse in den vergangenen Monaten noch kein Platin gekauft, denn die volle Mehrwertsteuer von 19 Prozent schmälert die Rendite. Und obwohl viele Prägestätten in den vergangenen Jahren neue Platin-Produkte in ihr Sortiment aufgenommen haben, werden physische Platin-Produkte eher selten nachgefragt. Es gibt jedoch eine perfekte Alternative, um physisches Platin völlig mehrwertsteuerfrei zu kaufen: Über das Zollfreilager von pro aurum in der Schweiz können die gängigen Platin-Produkte bequem von zuhause aus gehandelt werden – ganz ohne Mehrwertsteuer, solange die Ware nicht aus dem Zollfreilager entnommen wird. Eine Auslieferung ist zwar möglich, allerdings wird dann nachträglich der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent fällig. Die Ware ist zu hundert Prozent physisch im Zollfreilager hinterlegt.
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