Robert Hartmann: „Das Kaufinteresse an Gold ist sehr hoch“
Herr Hartmann, kürzlich notierte der Goldpreis in Euro auf einem Allzeithoch. Wie ist die Nachfrage bei pro aurum derzeit?
Die massenhaften Goldrückkäufe von Kunden sind in den vergangenen Wochen wieder stark zurückgegangen. Seit Ende Juli dominiert das Kaufinteresse an Gold; derzeit sind ca. 90 Prozent der Kunden auf der Käuferseite. Wir sehen in allen Niederlassungen von pro aurum so viele Neukunden wie seit sechs Jahren nicht mehr. Der August war ein absoluter Rekordmonat.
Warum investieren wieder so viele Menschen in Edelmetalle?
Der eskalierende Handelskonflikt zwischen China und den USA, die damit verbundene Furcht vor einem handfesten Währungskrieg, die Unsicherheiten in der Eurozone nach dem Platzen der italienischen Regierungskoalition und die negativen Renditen an den Anleihemärkten werden von unseren Kunden als Hauptmotivation genannt, in Gold umzuschichten.
Welche Gattungen sind am meisten nachgefragt?
Momentan sind das unsere Bestseller: eine Unzen-Goldmünze Krügerrand und Philharmoniker sowie Goldbarren in den Gewichtseinheiten eine Unze, 100 Gramm und 250 Gramm. Bei Silber sind in Deutschland vor allem die differenzbesteuerten Unzenmünzen Maple Leaf, Känguru und Krügerrand gesucht. Größere Investoren kaufen eher Silberbarren zu fünf Kilogramm und 15 Kilogramm über unser Zollfreilager in Zürich, da dort das weiße Edelmetall gänzlich ohne Mehrwertsteuer erworben werden kann.
Sind überhaupt viele Deutsche in Gold investiert?
pro aurum gibt seit neun Jahren jährlich eine Forsa-Umfrage in Auftrag, aus der immer zwei Sachverhalte hervorgehen: Die Deutschen sehen Gold immer ganz weit vorne bei der Frage, welche Anlageklasse in den kommenden Jahren die beste Rendite erwirtschaften wird. Aber nur ca. zehn Prozent der Deutschen sind wirklich in Gold zu Anlagezwecken investiert.
Gold wird immer wieder als sicherer Hafen beschrieben. Können Sie erklären, warum dies eine zutreffende Beschreibung ist?
Wie effektiv Gold das Vermögen gegen Inflation schützen kann, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Wer im Römischen Reich vor gut 2.000 Jahren eine neue Toga plus Schuhe erwerben wollte, musste hierfür umgerechnet etwa eine Unze Gold auf den Tisch legen. In den 1920er-Jahren kostete ein maßgeschneiderter Anzug plus Schuhe ebenfalls umgerechnet etwa eine Unze Gold. Und heute? Ein maßgeschneiderter Anzug plus Schuhe kostet knapp 1.450 Euro – so viel wie eine Unze Gold. Das heißt nicht, dass der Goldpreis nicht immer auch Berg- und Talfahrten hinter sich hatte. Aber über einen sehr langen Zeitraum hat Gold insgesamt einen sehr guten Track Record. Wir von pro aurum haben eine klare Hausmeinung: Gold gehört demnach mit bis zu 20 Prozent des liquiden Vermögens in jedes Portfolio.
Die Bundesregierung erwägt, abermals die Obergrenze herabzusetzen, bis zu der Anleger in Deutschland anonym Gold gegen Bargeld kaufen dürfen. Mit Beginn des Jahres 2020 soll der anonyme Kauf von Edelmetallen in Deutschland nur noch bis zu einer Grenze von 2.000 Euro möglich sein. Wie wird sich dies auf das Geschäft von pro aurum auswirken?
Für Edelmetallhändler und ihre Kunden ist es nicht nur beunruhigend, von der Politik unter Generalverdacht gestellt zu werden. Sie müssen sich künftig auch auf deutlich mehr „Papierkram“ einstellen. Im Falle einer Absenkung der Bargeldgrenze auf 2.000 Euro wäre es künftig also nicht einmal mehr möglich, einen 100-Gramm-Barren Gold anonym zu kaufen. Bislang lagen zwei Barren dieser Größe oder alternativ sieben Unzen im Rahmen. pro aurum rät seinen Kunden beim Umgang mit den aktuellen Entwicklungen rund um die Absenkung der Bargeldgrenze aber zur Besonnenheit. Die Absenkung der Bargeldgrenze für Goldkäufe zeigt, dass das Edelmetall nunmehr in Sachen Identifikationspflicht den anderen Vermögensklassen gleichgestellt wird. Niemand kann heute Anleihen, Aktien oder Immobilien kaufen, ohne sich zweifelsfrei zu identifizieren.
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