In Teil I unserer kleinen Serie hatten wir uns mit der Geschichte der Schweizerischen Nationalbank befasst und wie sie langsam die Goldbindung des Franken löste. Teil II zeichnet nach, wie sich der Franken und die Bilanz der SNB seitdem entwickelten.
Teil II – New Normal: „The Sky is the limit“
Die Bilanzsumme der SNB lag über Jahrzehnte recht stabil bei rund 50 Milliarden Schweizer Franken. In den letzten 10 Jahren hat sie sich jedoch versechzehnfacht. Aktuell liegt die Gesamtbilanzsumme bei mehr als 840 Milliarden Franken. Diese massive Intervention seitens der SNB ist nicht nur einmalig in der Geschichte der Schweiz. Auch im Vergleich mit den anderen Zentralbanken der Welt ist die Bilanzausweitung der SNB einmalig. Die FED hat ihre Bilanz seit dem Jahr 2005 „lediglich“ um den Faktor vier ausgeweitet.
Quelle: SNB, eigene Rechnung
Im Zuge der globalen Finanzkrise, die im Jahr 2007 ausbrach, fielen die letzten geldpolitischen Hemmungen der Zentralbanken. Durch die massive Schieflage der Weltwirtschaft und den enormen Druck der Regierungen, wurden unter dem Schlagwort „Quantitative Easing“ (QE) bzw. quantitative Lockerung Sofortmassnahmen ergriffen, welche die Finanzwelt nachhaltig verändern sollten.
Die westlichen Zentralbanken kauften Staatsanleihen in großem Stil auf. Dadurch erhöhte sich die Geldmenge insgesamt und die Volkswirtschaften sollten durch zweierlei Effekte entlastet werden. Zum einen ermöglichte die Geldmengenausweitung den Staaten mehr Ausgaben. Dadurch gab es für sie mehr Spielräume, ihre wankenden Volkswirtschaften zu stimulieren und zu stützen. Zum anderen sanken die Zinsen. Dadurch haben die Staaten ebenfalls mehr finanziellen Spielraum, denn sie müssen weniger für den Zinsdienst aufwenden, und zeitgleich wird den Märkten über den Zins signalisiert: „Es ist alles in Ordnung“. Langfristig sollte den Staaten dadurch auch ermöglicht werden, ihre Schulden abzubauen.
Dies hat sich jedoch in ein „New Normal“ entwickelt. Tatsächlich gewöhnten sich die Volkswirtschaften an das anhaltende Umfeld mit langsamen Wachstum sowie Negativ- und Nullzinsen. Die Lage hat sich nicht verbessert, sondern – im Gegenteil – verschlimmert. Die führenden Zentralbanken saugen die Staatsschulden geradezu auf und halten inzwischen laut Financial Times [2] mehr als 20% der Staatsschulden ihrer jeweiligen Länder. Führend unter diesen ist neben der Fed und der EZB auch die Schweizerische Nationalbank. Insgesamt halten alleine die sechs wichtigsten Zentralbanken der Welt Vermögenswerte in der Höhe von rund 19 Billionen USD, vier Mal mehr als vor der Finanzkrise.
Jedoch sind die oben genannten Effekte nicht die Einzigen. Denn wann immer Geld quasi aus dem Nichts geschöpft wird und in Umlauf kommt, dann sinkt der Wert des sich bereits im Umlauf befindlichen Geldes – in anderen Worten: Die Kaufkraft der einzelnen Geldeinheit nimmt ab. Die Preise für Güter steigen auf breiter Front. Bereits vor mehr als 200 Jahren hat der irische Ökonom Richard Cantillon die Auswirkungen einer solchen Geldmengenausweitung beschrieben. Nach ihm wurde der sogenannte Cantillon-Effekt benannt: „Dieser bezeichnet in der Ökonomie den Effekt, dass sich eine Erhöhung der (Giral) Geldmenge (Nettokreditvergabe) nicht automatisch gleichmäßig auf alle Bereiche einer Volkswirtschaft verteilt, sondern in Stufen, wobei manche Bereiche (insbesondere der Bankensektor, andere staatsnahe Firmen, der Unternehmersektor und politisch begünstigte Gruppen) zuerst profitieren, während der Rest der Volkswirtschaft später folgt oder gar nicht von der Geldschöpfung profitiert. Verlierer im Prozess der Geldschöpfung sind diejenigen, bei denen das Geld zuletzt ankommt und die wegen der kreditschöpfungsbedingten Inflation gestiegene Preise zahlen müssen.“ [3]
Quellen:
[2] https://www.ft.com/content/ae19e60e-81b0-11e7-94e2-c5b903247afd
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Cantillon-Effekt
Bildquelle: https://www.cash.ch/sites/default/files/public/uploads/cash/redaktion/grafiken/chart1_iazi_preiseintwicklung.jpg
Bildquelle: https://www.fuw.ch/wp-content/uploads/2017/06/s05_c_spi_ga.png
Damit sind alle Sparer sowie Lohn- und Rentenempfänger die Ersten, die versteckt durch diese Politik über Kaufkraftentwertung enteignet werden. Diejenigen, die in Schulden schwimmen, profitieren hingegen. Denn ihre Schulden verlieren dank der Geldmengenausweitung über die Zeit an Wert und zeitgleich können sie dank der Schuldenaufnahme Güter und Sachwerte zu den „alten“ Preisen einkaufen.
Es werden jene Menschen bevorzugt, die sich der Einsicht verweigern, dass in einer gesunden Welt vor jeder großen Investition zuerst gespart werden muss. Es ist heute ein alltägliches Phänomen: Politik ebenso wie die Medien erzählen uns, dass eine Schuldenkrise mit noch mehr Schulden gelöst werden kann. Die Hoffnungen, welche die Zentralbanken in „QE“ gesetzt hatten, haben sich nicht erfüllt. Die niedrigen Zinsen führten nicht zu einem Schuldenabbau, sondern zum Gegenteil: Heute stehen die globalen Schulden auf Rekordstand.
Quellen: BIS; eigene Rechnungen.
Stattdessen ist die Welt von den Drogen „niedrige Zinsen“ und „billiges Geld“ vollständig abhängig geworden und die Dosis muss ständig erhöht werden. Die Folge sind wirtschaftliche Absurditäten wie Negativzinsen: Wenn Sie dem Staat heute 1.000 Franken leihen, erhalten sie in einem Jahr 991,70 Franken [4] zurück. In einem freien Markt und einer gesunden Wirtschaft ein völlig undenkbarer Zustand, der aber heute als normal akzeptiert wird. Der Konsum muss immer weiter befeuert werden. Die negativen Zinsen suggerieren den Menschen, dass Sparen ein Relikt der Vergangenheit ist und mittels Verschuldung das „Glück“ erkauft werden kann.
TEIL I: VÖLLIG LOSGELÖST – DIE SCHWEIZERISCHE NATIONALBANK UND DAS GOLD
TEIL II: VÖLLIG LOSGELÖST – DIE SCHWEIZERISCHE NATIONALBANK UND DAS GOLD
TEIL III: VÖLLIG LOSGELÖST – DIE SCHWEIZERISCHE NATIONALBANK UND DAS GOLD
[4] gemäß dem Zinssatz vom 28.2.2018 vgl. https://de.investing.com/rates-bonds/switzerland-1-year-bond-yield