Trotz Negativzinsen: Die Deutschen sparen weiterhin wie die Weltmeister
Er ist offenbar nicht angetreten, um Schönwetterreden zu halten: Kurz nach seiner Amtseinführung hat der neue Bundesbankpräsident Joachim Nagel kritische Worte an die Europäische Zentralbank gerichtet. Er befürchtet, dass die Inflationsrate länger auf einem hohen Niveau fahren könnte, als dies derzeit von den Währungshütern prognostiziert wird. Immerhin war die Teuerungsrate zuletzt weiter angestiegen und hat im Dezember einen Rekordstand von 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erreicht. Hierbei handelt es sich um die höchste Inflation seit dem Jahr 1992. Nagel appellierte an die EZB, ihrem geldpolitischen Kurs anzupassen, wenn die Preissteigerungen weiter auf einem derart hohen Niveau bleiben.
Nicht angepasst haben unterdessen die meisten Sparer in Deutschland ihre Strategie: Die Deutschen haben auch im Jahr 2021 gespart wie die Weltmeister. Das Geldvermögen der Bundesbürger ist nach Einschätzung der DZ Bank im vergangenen Jahr um mehr als sieben Prozent angewachsen und hat einen neuen Rekordstand von rund 7,7 Billionen Euro erreicht. In diesem Betrag sind sowohl Bargeld als auch Bankeinlagen, aber auch Wertpapiere wie Aktien und Fonds eingerechnet. Die Sparquote war auch im Jahr 2021 auf ein Rekordniveau von rund 15 Prozent gestiegen.
Als Begründung für den eisernen Sparwillen der Menschen in Deutschland nennt die DZ Bank beispielsweise die Unsicherheit aufgrund der Corona-Pandemie. Aus Sorge vor Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit hätten viele Menschen auf Anschaffungen verzichtet und beispielsweise Reisen storniert.
Besonders alarmierend ist in der Studie der DZ Bank, dass in Deutschland immer noch unvorstellbares Geldvermögen auf dem Girokonto geparkt wird. Zwar entdecken immer mehr Privatanleger den Aktienmarkt, doch offenbar bleiben die meisten Deutschen ihrem Sparbuch oder dem Girokonto treu und nehmen dabei eine negative Realverzinsung in Kauf. Denn sie bekommen auf ihre Einlagen keine Zinsen, müssen im schlimmsten Fall sogar noch Negativzinsen zahlen und eine Inflation von derzeit über fünf Prozent hinnehmen. Unterm Strich wird das Sparvermögen dadurch in einem Rekordtempo entwertet.
Unterdessen jubelt die Fondsbranche in Deutschland. Sie hat ein Rekordjahr abgeschlossen. Denn der Anlagenotstand treibt immer mehr Menschen hierzulande in risikoreiche Anlagen. Bislang haben Anleger vom Boom an den Finanzmärkten profitiert und steigende Kurse waren unter anderem dafür verantwortlich, dass das Geldvermögen der privaten Haushalte im Jahr 2021 weiter gestiegen ist. Wer dagegen sein Geld auf dem Girokonto oder dem Sparbuch geparkt hat, muss sich mit einem realen Kaufkraftverlust von etwa fünf Prozent abfinden.
Der Goldpreis hat das Jahr 2021 auf Euro-Basis mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Für die kommenden Monate sind die meisten Analysten positiv gestimmt. Denn wenn die hohe Inflation sich zu einem Dauerzustand entwickelt, werden immer mehr Anleger dazu geneigt sein, ihre Aktiengewinne vor Turbulenzen an den Finanzmärkten abzusichern. Der Goldpreis hat nach seiner Rekordjagd im Corona-Jahr 2020 inzwischen wieder deutlich Luft nach oben und bereitet in den ersten Tagen des Jahres 2022 ein fulminantes Comeback vor.
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