Mehr als 80 Jahre war die Schweizerische Nationalbank eine unabhängige Institution – alleine der Geldwertstabilität und dem Wohl der Schweizer Bevölkerung verpflichtet. Garant hierfür war die Goldbindung des Franken.
Geschichte lässt uns „Spuren der Vergangenheit“ erkennen und die damit verbundenen Trends beurteilen. Beispielsweise lässt sich so relativ einfach feststellen, ob sich eine Gesellschaft aufgrund der getroffenen politischen Entscheidungen eher in Richtung Freiheit oder eher in Richtung staatliche Planung und Zwang entwickeln wird.
Teil I – Die Aufgabe der Goldbindung
Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) der vergangenen 25 Jahre ist ein gutes Beispiel hierfür. Im Jahr 1971 hatte der US-Präsident Richard Nixon das so genannte Goldfenster geschlossen und es so für andere Zentralbanken unmöglich gemacht, ihre US-Dollar-Bestände bei der Federal Reserve in Gold einzutauschen. Ab diesem Zeitpunkt war der Schweizer Franken die einzig goldgedeckte Währung der Welt. Die Schweizer Verfassung schrieb eine Deckung des Franken vor: Wenigstens zu 40% musste die Währung mit Gold hinterlegt sein.
Dies war der entscheidende Faktor, der die SNB in ihrer Geldpolitik disziplinierte. Über Jahrzehnte trat die Zentralbank relativ konstant mit einer Bilanz von 50 Milliarden auf. Vereinfacht gesagt, hatte die SNB damit einen Spielraum von 50 Milliarden Franken, um aktiv in die Wirtschaft einzugreifen. Bereits damals war die Schweiz in der absoluten Weltspitze hinsichtlich Wohlstand und Lebensqualität. Grund dafür war das Festhalten an den Prinzipien des freien Marktes, des Föderalismus, des Dezentralismus und der Subsidiarität. Letzteres bedeutet „den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundsatz, der die Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und die Entfaltung der Fähigkeiten des Individuums, der Familie oder der Gemeinde“ anzustreben.
In den 1990er Jahren fand auch die Einführung einer neuen Superwährung statt, die als erste reine Kunstwährung bezeichnet werden kann: Der Euro. Es ist kein Zufall, dass ausgehend von den ersten Überlegungen zum Euro bis zu seiner Gründung parallel die Golddeckung des Schweizer Franken ins Visier genommen wurde. Denn im Herzen der Eurozone liegt nun einmal die Schweiz und mit ihr die damals stabilste Währung der Welt: der ans Gold gebundene Schweizer Franken. Das war ein Problem. Schließlich konnte man schon damals davon ausgehen, dass die EZB zukünftig Euros in den europäischen Markt pumpen würde. Sie kann diese ja quasi aus dem Nichts erschaffen. Geldschöpfung aus dem Nichts aber führt zu einer Verwässerung der Währung, zu einer Kaufkraftabwertung, die auch besser als Inflation bekannt ist. Für Investoren war der goldgedeckte Schweizer Franken somit eine gute Lösung, sich genau davor zu schützen. Der Franken wurde verstärkt nachgefragt und damit wurde sein Kurs in die Höhe getrieben. Mit der Stärke des Franken nahm auch die Kaufkraft zu. Hierin spiegelte sich das Vertrauen in die bis dahin konservative SNB und den Schweizer Franken als letzte goldgedeckte Währung wider.
Bereits im Jahr 1992, also dem selben Jahr in dem der Vertrag von Maastricht die Grundlagen für das Eurosystem schaffte, wurde die SNB stärker in das internationale Zentralbankensystem und dessen Währungspolitik eingebunden. Der erste Schritt war der Beitritt der Schweiz zum Internationalen Währungsfond (IWF). Damit endete die bis dahin geltende Souveränität der Währung. Denn jedes Land, das dem IWF beitritt, muss unterzeichnen, dass die jeweiligen Goldreserven nicht mehr länger offizieller Währungsbestand sind. Die Schweiz unterschrieb. Aber man liess verlauten, dass die SNB an ihren Goldbeständen festhalten werde. Jedoch hielt dieses Versprechen seitens der Politik und des Nationalbankkonsortiums nicht lange.
Die Revision des Nationalbankgesetzes im Jahre 1997 ermöglichte der SNB, die Golddeckung von 40% auf 25% zu senken. Gleichzeitig mit der Reduktion, erhielt die SNB die Befugnis zu Goldleihegeschäften. Sie durfte Goldbestände verleihen, aber nicht verkaufen. Dies hätte nach wie vor eine Volksabstimmung erfordert. Die Verleihung von Gold war somit die einzige Möglichkeit der SNB, ihre Goldreserven abzubauen, ohne das Volk zu befragen. Sieben Jahre nach dem IWF Beitritt hatte die schleichende und vom Volk unbemerkte Ablösung des Schweizer Franken vom Gold ihren Höhepunkt erreicht. Im Jahr 1999 wurde nicht nur der Euro als Buchgeld eingeführt, sondern auch das Schweizer Volk unter großem Tamtam und mit vielen, vielen Nebelkerzen zur Abstimmung über eine Neuformulierung der Verfassung an die Urne gerufen. Nur wenige verstanden, dass diese „Erneuerung der Verfassung“ auch die endgültige Streichung der Golddeckung zur Folge hatte. Die in der Verfassung verankerte „Einlösungspflicht für Banknoten und Golddeckung für die ausgegebenen Banknoten“ wurden unter der Rubrik „Streichung veralteter Normen“ abgeschafft. Zu diesem Thema fanden keinerlei öffentliche Diskussionen statt. Die SNB öffnete damit Tür und Tor für ihre Interventionen. Die Geldmenge wurde ausgeweitet, Geld gedruckt, die damit verbundene Umverteilung in Gang gesetzt und das Gold verkauft.
Dr. Philipp M. Hildebrand, damaliges Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (und heute im Top-Management des US-Vermögensverwaltergiganten Blackrock), erläuterte im Jahr 2005 am Institut für Internationale Wirtschaft, Washington DC, den Prozess des Goldverkaufs der SNB: „Im Juni 1999 entschied das Direktorium der SNB, dass die Hälfte seiner damaligen Goldreserven von 2.590 Tonnen nicht mehr für monetäre Zwecke benötigt würden und dass sie den Markt und die Öffentlichkeit entsprechend informieren würden. Diese Entscheidung trug zu dem Prozess bei, der schliesslich zum ersten Zentralbankenabkommen über Goldverkäufe führte. Dieses sogenannte Washingtoner Abkommen bildete den Rahmen für die anschliessenden Goldverkäufe der SNB, der EZB sowie dreizehn weiteren europäischen Zentralbanken. Im Rahmen dieser Vereinbarung übernahm die SNB den Grossteil der Gesamtverkäufe in der Höhe von 2.000 Tonnen und steuerte 1.170 Tonnen bei.“ [1]
Nachdem sie im Rahmen der zweiten Zentralbankvereinbarung über Goldverkäufe einen Restbetrag von 130 Tonnen verkauft hatte, schloss die SNB am 30. März 2005 ihr Goldverkaufsprogramm ab. Zu diesem Zeitpunkt dümpelte der Goldpreis zwischen 400 und 500 USD pro Unze. Von ehemals 2.590 Tonnen Gold sind nur 1.040 Tonnen bei der SNB verblieben.
TEIL I: VÖLLIG LOSGELÖST – DIE SCHWEIZERISCHE NATIONALBANK UND DAS GOLD
TEIL II: VÖLLIG LOSGELÖST – DIE SCHWEIZERISCHE NATIONALBANK UND DAS GOLD
TEIL III: VÖLLIG LOSGELÖST – DIE SCHWEIZERISCHE NATIONALBANK UND DAS GOLD
[1] Vgl. Lips, Ferdinand: Die Goldverschwörung (Rottenburg, 2003)