Gold: Wechselbad der Gefühle im September
Von Robert Hartmann, Gründer von pro aurum
In den ersten September-Handelstagen markierte der Goldpreis mit über 1.360 Dollar noch den höchsten Stand seit zwölf Monaten, in der zweiten Septemberhälfte rutschte er dann wieder unter die Marke von 1.300 Dollar ab. Für die nachlassende Tendenz war vor allem die Fed verantwortlich.
Der Ausgang der Bundestagswahl erwies sich an den Goldmärkten hingegen als klassisches Non-Event, zumal Bundeskanzlerin Angela Merkel – in welcher Konstellation auch immer – ihre bisherige Politik trotz beträchtlicher Stimmenverluste wohl fortsetzen wird. Ich bin der Ansicht, dass politische Ereignisse wie Bundestagswahlen ohnehin wenig Einfluss auf die mittel- bis langfristige Preisentwicklung bei Edelmetallen haben. Beim Wahlkampf missfiel mir vor allem, dass Themen wie die Zinspolitik der Notenbanken keine Rolle spielten. Dabei sollte man auf keinen Fall vergessen, dass die Nullzinspolitik der EZB die Sparer belastet und für unvorhergesehene Lücken bei der Altersvorsorge vieler Rentner sorgt. Für mich ist das unsozial!
Vor allem CDU und SPD haben sich mit dem seit 2013 zu beobachtenden wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland gebrüstet. Dabei ist ein wesentlicher Faktor für diesen Aufschwung auf die unangemessen niedrige Verzinsung von Ersparnissen zurückzuführen. Wenig begeistert sind Anleger zudem von den inzwischen verabschiedeten Bail-in-Regeln, bei der die Besitzer von Bankguthaben von über 100.000 Euro im Falle einer Bankenpleite in die Haftung genommen werden können. Um dieses Risiko zu umgehen, investieren viele Bürger lieber in neue Immobilien oder Aktien, was diese Anlageklassen entsprechend massiv verteuert. Nutznießer der aktuellen Geldpolitik sind vor allem Staaten, die von den niedrigen Zinsen profitieren und dadurch Milliarden an Zinszahlungen für ausgegebene Staatstitel einsparen.
Gold profitiert vom „Megatrend Schuldenmachen“
Dass sich Schuldenmachen in den vergangenen Jahrzehnten zum Megatrend entwickelt hat, wurde Anlegern im September eindrucksvoll ins Gedächtnis gerufen. Erstmals kletterte nämlich der Schuldenberg der USA auf über 20 Billionen Dollar. Nur zur Erinnerung: Damit hat sich dieser seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers (2008) mehr als verdoppelt. Ob ausgerechnet in der Amtszeit des neuen US-Präsidenten Donald Trump dieser Trend gebrochen wird, darf bezweifelt werden. In Deutschland ist es um die Staatsverschuldung übrigens nicht viel besser bestellt. Für Anleger, die es genau wissen wollen, veröffentlicht der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. auf www.steuerzahler.de die genaue Höhe des deutschen Schuldenstands sowie die Schulden pro Kopf. Mit aktuell 1,98 Billionen Euro sieht unser Schuldenberg – in absoluten Zahlen betrachtet und in Relation zur Bevölkerungszahl – weniger erdrückend aus als der US-amerikanische. Im Falle eines Zusammenbruchs des Euro würde die Situation aufgrund der Bürgschaften und Haftungsrisiken aber wieder anders aussehen.
Eines sollte jedem Anleger klar sein: An eine Tilgung der explodierenden Staatsschulden ist angesichts steigender Zinsen und eines verhaltenen Wirtschaftswachstums weder diesseits noch jenseits des Atlantiks zu denken. William White, der ehemalige Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und derzeitige OECD-Berater, stuft die aktuelle Lage sogar gefährlicher als 2007 ein. Wir befänden uns nämlich in einer „Alles-Blase“, weil mit Anleihen, Aktien und Immobilien gleich drei Marktsegmente überhitzt seien. Da die Notenbanken, auch aufgrund ihrer aufgeblähten Bilanzen, nur eingeschränkt handlungsfähig seien, sollte man mit dem Schlimmsten rechnen. Schulden- und Vermögensschnitte sowie eine erneute Bankenrettung dürften dann unumgänglich sein.
Fed-Bilanz soll ab Oktober reduziert werden
Auf der September-Sitzung der US-Notenbank Fed gab es zwar wie erwartet keine weitere Erhöhung der US-Leitzinsen zu verkünden, der nächste Zinsschritt nach oben droht allerdings bereits im Dezember. Nach den Statements der US-Notenbanker wies das FedWatch Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group eine Wahrscheinlichkeit von über 73 Prozent aus, dass wir im Dezember höhere US-Leitzinsen als heute sehen werden. Vier Wochen zuvor war hier ein Wert von lediglich 37,4 Prozent angezeigt worden. Für Verkaufsstimmung an den Goldmärkten sorgte aber auch die Ankündigung, dass man die Fed-Bilanz in Höhe von rund 4,5 Billionen Dollar ab August sukzessive zurückführen möchte. Bis Ende des Jahres plant die Fed pro Monat Anleihen im Wert von insgesamt zehn Milliarden Dollar auslaufen zu lassen. Diese Summe soll 2018 in mehreren Schritten auf 50 Milliarden Dollar pro Monat ansteigen. Das ist zumindest der Plan.
Seit Dezember 2015 hat die Fed insgesamt viermal Zinserhöhungen von jeweils 25 Basispunkten durchgeführt. Bis 2019 sind weitere Zinsschritte geplant. Derzeit stellen die US-Notenbanker bis Ende 2019 ein Anheben der US-Leitzinsen in Richtung drei Prozent in Aussicht. Meiner Meinung nach wäre dies auch notwendig, um reagieren zu können, falls sich bis dahin rezessive Tendenzen in der amerikanischen Konjunktur abzeichnen sollten. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass es der Fed gelingen wird, die Zinsen nach Plan weiter zu erhöhen und gleichzeitig die Bilanzsumme zu senken. Die Gefahr von erheblichen Verwerfungen an den Aktien- und Zinsmärkten ist einfach zu groß.
Hinweis in eigener Sache: Für alle Edelmetallinteressierte möchten wir frühzeitig darauf hinweisen, dass pro aurum auf der am 2. und 3. November in München stattfindenden Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse mit einem eigenen Stand vertreten sein wird. Im Vorfeld des Branchentreffens können Sie sich unter www.edelmetallmesse.com über das umfangreiche Vortragsprogramm informieren und sich zudem für eine Freikarte registrieren lassen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch an unserem Stand!