Wie geht es nach dem Run auf Edelmetalle jetzt weiter, Robert Hartmann?
Der Mitgründer von pro aurum, Robert Hartmann, lässt im Interview die vergangenen Wochen Revue passieren. “Die Lage entspannt sich gerade etwas, auch wenn es noch ein bis zwei Wochen dauern wird, bis unsere Lager bei allen Barren- und Münzengattungen wieder prall gefüllt sein werden”, sagt Hartmann.
Herr Hartmann, zum Ende des Jahres 2019 meldeten die Zeitungen lange Schlangen vor Edelmetallhändlern. Wie ist es zu diesem Run auf Gold gekommen?
Im Dezember hatten wir in der Tat einen echten Run auf Edelmetalle gesehen, der mich stark an das Treiben am Höhepunkt der Finanzkrise in den Jahren 2011 und 2012 erinnert hat. Diesmal gab es eine Reihe von Gründen, warum sich viele Anleger gerade zum Jahresende dafür entschieden haben, in Gold und Silber zu investieren. Zum einen spielte die Absenkung der Bargeldgrenze für anonyme Bargeschäfte von 10.000 Euro auf nunmehr 2.000 Euro sicherlich eine gewisse Rolle. Das sorgte dafür, dass es an allen unseren deutschen Standorten an manchen Tagen zu Wartezeiten von zwei Stunden und mehr kam. Darüber hinaus dachten wohl viele unserer Kunden, dass der übergeordnete Aufwärtstrend nach dem Allzeithoch des Goldpreises in Euro im Oktober 2019 und der sich daran anschließenden Korrektur wieder Fahrt aufnehmen würde, was sich inzwischen ja als goldrichtig erwiesen hat. Eine Vielzahl dieser eher strategischen Investoren platzierte ihre Aufträge über unseren Onlineshop. Ferner führte die große Nachfrage nach physischen Edelmetallen in Deutschland schon Mitte Dezember zu Versorgungsengpässen und längeren Lieferzeiten für Bestseller wie beispielsweise im Fall der Gold-Unzenmünzen Krügerrand und Maple Leaf sowie der beliebtesten Goldbarreneinheiten 1 Unze und 100 Gramm. Einige unserer größten Wettbewerber mussten mangels Ware sogar ihre Standorte schließen und waren so für ihre Kunden nicht mehr präsent. Viele Kunden unserer eigentlichen Konkurrenten kamen nun zu pro aurum, was die Warteschlangen vor unseren Filialen weiter anwachsen ließ. Unsere Mitarbeiter arbeiteten über drei Wochen wirklich am Limit, und ich möchte mich an dieser Stelle für das außergewöhnliche Engagement recht herzlich bedanken. An manchen Tagen haben wir unsere normalen Öffnungszeiten aufgrund des Andrangs um mehrere Stunden verlängert, damit unsere Kunden zufrieden nach Hause gehen konnten. Das war eine Spitzenleistung und nur mit einer hoch motivierten Mannschaft möglich.
Im Dezember war die Verfügbarkeit von Edelmetallbarren und -münzen teilweise stark eingeschränkt. Entspannt sich diesbezüglich die Lage zu Beginn des neuen Jahres?
Die Lage entspannt sich gerade etwas, auch wenn es noch ein bis zwei Wochen dauern wird, bis unsere Lager bei allen Barren- und Münzengattungen wieder prall gefüllt sein werden. Der große Kursanstieg in den ersten Handelstagen des Jahres 2020 führt gerade dazu, dass sich einige Privatanleger von ihren Münzen und Barren trennen und Gewinne mitzunehmen versuchen. Das hilft uns auch bei der Versorgung unserer Kunden in den Segmenten Vermögensverwalter und Banken.
Die Spreads, also die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis eines bestimmten Barrens oder einer Münze, lagen teilweise deutlich über den Durchschnittswerten. Womit hatte dies zu tun und normalisiert sich diese Entwicklung derzeit wieder?
Die Spreads sind im Dezember bei vielen Gattungen recht deutlich gestiegen. Das hat natürlich mit der sehr schlechten Versorgungslage des Marktes zu tun. Wenn die Produzenten nicht mehr genügend Ware anbieten können, um den Markt ausreichend zu versorgen, braucht es alternative Einkaufsquellen. Dort müssen natürlich höhere Aufgelder bezahlt werden als bei den primären Herstellern. Wir kennen solche Situationen aus den letzten 16 Jahren sehr gut und haben uns ein weltweites Netzwerk aufgebaut, das wir bei einer derart außergewöhnlichen Nachfrage aktivieren können. Aber ich gebe gerne zu, dass der Ansturm nicht viel länger hätte dauern dürfen. Noch ein paar Tage mehr und auch wir wären bei so mancher Gattung nicht mehr lieferfähig gewesen.
Sie haben es angesprochen. Seit Januar 2020 gilt in Deutschland eine neue Bargeldgrenze für den anonymen Goldkauf. Sie selbst haben zwischen den Jahren viele Gespräche mit verunsicherten Kunden geführt. Bitte erklären Sie, was sich nun konkret ändern wird?
Das stimmt. Ich habe in den letzten drei Handelstagen vor Weihnachten persönlich mit mehr als 100 Kunden telefoniert, die Nachrichten auf unseren überlaufenden Anrufbeantwortern hinterlassen hatten. Viele der Anrufer waren dabei sehr emotional. Es scheint, als wären in diesen Tagen Gerüchte im Umlauf gewesen, die mehr oder weniger aussagten, dass der Goldhandel ab dem Jahr 2020 eingeschränkt würde. Das entspricht natürlich nicht der Realität. Wir hatten in vielen Artikeln in unserem Newsroom auf die anstehenden Veränderungen zum Jahreswechsel aufmerksam gemacht. Fakt ist, dass lediglich die Bargeldgrenze für anonyme Transaktionen von 10.000 Euro auf 2.000 Euro abgesenkt wurde. Sonst bleibt hingegen alles beim Alten. Wir sehen nun vermehrt Kunden, die weiterhin Bargeschäfte von 10.000 Euro und mehr in unseren Filialen tätigen. Dabei halten wir die Ausweisnummer auf der Abrechnung fest. Laut Geldwäschegesetz sind wir nur in jenen Fällen zu aktiven Quermeldungen verpflichtet, bei denen wir den Verdacht haben, dass es sich bei dem Bargeld um Erlöse aus kriminellen Machenschaften handelt, was natürlich extrem selten der Fall ist. Die Anleger sollten wissen, dass es schon immer eine Aufzeichnungspflicht für Edelmetallhändler gab, und zwar dann, wenn der Kunde seine Münzen oder Barren wieder an einen Edelmetallhändler verkauft. Und das schon ab dem ersten Euro. So gesehen gab es bei physischem Gold und Silber noch nie eine echte Anonymität – zumindest nicht, wenn man sich den gesamten Kreislauf ansieht.
Wie läuft das Edelmetallgeschäft im neuen Jahr an? Welcher Trend zeichnet sich bei der Nachfrage ab?
Das Orderaufkommen hat sich im Vergleich zum Dezember spürbar beruhigt. Ich gehe auch davon aus, dass sich die Aufschläge für die Bestseller bis Mitte Januar wieder auf ein normales Maß reduzieren werden. Aktuell sehen wir vermehrt Verkaufsaufträge unserer Kunden in einer Größenordnung von 25.000 Euro bis 100.000 Euro. Das hängt sicherlich mit dem deutlich gestiegenen Goldpreis seit Jahresbeginn zusammen. Wir halten aber trotz neuer Allzeithochs des Goldpreises in Euro an unserer Meinung fest, dass man je nach Risikoneigung rund fünf bis 15 Prozent des Gesamtvermögens in physischen Edelmetallen halten sollte; und davon 80 Prozent in Gold und 20 Prozent in Silber. Am besten kauft man sich in mehreren Tranchen an kursschwachen Tagen ein. An den positiven Rahmenbedingungen hat sich nichts geändert. Auf dem Zinsmarkt wird die nächsten Jahre wenig zu holen sein und andere Anlageklassen wie Aktien oder Immobilien scheinen kurzfristig etwas überhitzt zu sein.
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